Taktiererei zu Lasten der Bürger? Die „Opposition“

Ich mache das jetzt seit ca. 25 Jahren, aber was sich seit einiger Zeit im Rat der Stadt Witten abspielt, ist schwer zu ertragen. Ein Beispiel aus der letzten Ratssitzung:

Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, bürgerforum, FDP, Piraten, WBG und Witten Direkt beantragen per Dringlichkeitsantrag die unverzügliche Stellenausschreibung einer neuen Stadtbaurätin/eines neuen Stadtbaurats.

→ Dringlichkeitsantrag „Unverzügliche Stellenausschreibung einer neuen Stadtbaurätin / eines neuen Stadtbaurates“: 008_Rat_2015_Dringlichkeitsantrag_auf_Ausschreibung_der_Stelle_

Dafür mag es gute Gründe geben. Der Punkt ist nur:

Auf einer Ältestenratssitzung am 15.6.15, bei der alle genannten Fraktionen (außer Witten Direkt) anwesend waren, ist offensichtlich einvernehmlich – jedenfalls vermerkt die Niederschrift keine Einwände, und die TeilenehmerInnen der „Opposition“ werden ja wohl nicht geschlafen haben – ein anderes Verfahren abgestimmt worden, das folgende Termine vorsieht: fraktionsinterne Abstimmung, Beratung über das weitere Verfahren auf einer Ältestenratssitzung am 29.6.15, Ausschreibungsfrist gemäß Vorschlag der Bürgermeisterin bis zum 31.8.15.

Der Eindruck drängt sich auf, das erst zugestimmt wurde und dann per Dringlichkeitsantrag eine Kehrtwende vollzogen worden ist, um der GroKo eins auszuwischen und noch schnell eine „oppositionelle“ Duftmarke zu setzen.

Dieser Dringlichkeitsantrag ist natürlich an den Mehrheitsverhältnissen gescheitert, hat aber von Seiten der „Opposition“ eine heftige und emotional aufgeladene Diskussion provoziert, bei der die Anti-GroKo-Affekte wieder einmal den Sachbezug überlagerten. Taktiererei zu Lasten der Bürger?

Ich kann es an dieser Stelle nur wiederholen: Für die Mehrheitsverhältnisse im Rat sind nicht SPD und CDU, sondern die Wählerinnen und Wähler verantwortlich. Und der Frust darüber, dass mensch nicht mehr im Rahmen der vormaligen „Kooperation der Vernunft“ agieren darf (betrifft Grüne und WBG) und es nicht zum KleiKo(KleineKoalition)-Deal statt zum GroKo-Deal gekommen ist, sollte die Politik im Rat eigentlich nicht prägen.

Ich habe den starken Verdacht, dass einige Kräfte innerhalb der „Opposition“ daran arbeiten, die betrauerte „Kooperation der Vernunft“ durch eine Kooperation mit einer ihnen freundlich gesonnenen Bürgermeisterin zu ersetzen.

Das wird aber angesichts der faktischen Mehrheitsverhältnisse im Rat und der in der Gemeindeordnung NRW (GO NRW) fest gelegten eingeschränkten Machtbefugnissen einer Bürgermeisterin/eines Bürgermeisters (siehe dazu mein Beitrag „Schwebt unsere Bürgermeisterin über den Wassern?“/14.5.13) nicht funktionieren können.

Die brandneue Nachricht über die Unterstützung von Frau Leidemann durch die Wittener Grünen bestätigt mich in meiner Vermutung. Andere Mini-Formationen werden wahrscheinlich folgen.