Schließung der Durchholzer Grundschule war richtig?

„Entscheidung war richtig“: So wird der Schuldezernent dieser Stadt, Frank Schweppe, in einem WAZ-Artikel vom 9.5.13 zitiert.  Aus unserer Sicht ist das Gegenteil der Fall: Schulpolitisch war die Entscheidung überflüssig, und unter dem Aspekt der Stadtentwicklung hat die Entscheidung dem Ortsteil Durchholz Schaden zugefügt, weil eine lebendige Ortsteilmitte zerstört worden ist. Hintergrund: 5 Jahre nach der Schließung der Durchholzer Grundschule liegt das Gelände der Schule immer noch brach.

Wir erinnern uns: Gegen die geplante Schulschließung ist 2007 ein ganzer Ortsteil im Rahmen eines Bürgerbegehrens aufgestanden. In kürzester Zeit (durch die Stadt verordnete verkürzte Abgabefrist!) wurden mehr als 12.000 Unterschriften gesammelt. Der Verfasser dieses Beitrags hat damals (noch als WBG-Mitglied) die Bürgerinitiative juristisch beraten und  noch gut das leidenschaftliche Engagement der DurchholzerInnen für ihren Ortsteil vor Augen.

Wie sah der politische Frontverlauf damals aus? Vorbehaltlose BefürworterInnen der Schließung waren – neben der Verwaltungsspitze samt Bürgermeisterin – SPD und Grüne. Dagegen waren – neben denjenigen, die das Bürgerbegehren unterschrieben haben – CDU, damalige WBG und damalige FDP. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens im August 2007 ist dann denkbar knapp ausgefallen. Eine knappe Mehrheit votierte für Unzulässigkeit (Bürgermeisterin, SPD und Grüne): 30 für Unzulässigkeit und Schließung, 27 dagegen. Konsequenz: s.o..

Für die SPD hatte die Positionierung bei den folgenden Wahlen den Verlust eines Wahlbezirks zur Folge, die Grünen sind – für mich immer noch unverständlich angesichts ihrer vorbehaltlosen Unterstützung der SPD-Position – mit einem blauen Auge davon gekommen, die CDU hatte ob ihres Einsatzes massive Zugewinne zu verbuchen, und die WBG? Der Verfasser fragt sich, wie diese Gruppierung mit ihren Matadoren, die zwecks Sicherung eines vorderen Listenplatzes 2009 eine Spaltung provoziert haben, jetzt wohl im Rahmen der „Kooperation der Vernunft“ (SPD, Grüne, WBG) zu ihrer vormaligen Positionierung stehen. Würden sie ihre Position nachträglich genau so korrigieren wie bei der Frage der Ansiedlung eines Supermarkts im Gerberviertel? Das frisch gegründete bürgerforum jedenfalls hat im Wahlbezirk besser abgeschnitten als die Alt-WBG.

→ Link: Wahlergebnisse 1994 – 2009 Herbede: Kommunalwahlergebnisse 1994 – 2009

Festgehalten werden muss, dass es bei der Schließung nie allein um Schulpolitik ging, sondern  im Hintergrund auch immer um die Frage der „Vergoldung“ der nach Schließung freien Grundstücke durch die Stadt zur Alimentierung des schon damals maroden städtischen Haushalts.

Festgehalten werden muss aber auch, dass alle Bemühungen zur Erhaltung der Schule und der Qualität des Ortsteils vergeblich gewesen sind. Die rigoros durchgezogene Fehlentscheidung hat in Durchholz eine dauerhafte Wunde hinterlassen. Vielleicht haben Bürgerbegehren und Wahlergebnis ja dazu beigetragen, die anderen Grundschulstandorte laut noch aktueller Planung zu sichern. Die Durchholzer dürfte das wenig trösten: Sie hatten und haben den Schaden.

Die vom Schuldezernenten vorgetragenen schulpolitischen Argumente, die die Entscheidung im Nachhinein rechtfertigen sollen, halten wir für ausgesprochen dünn:

– Mehr Lehrer wären für einen Schulverbund (Kooperation mit einer anderen Schule bei Erhaltung des Standorts) nicht nötig gewesen. Die Lehrer hätten nur pendeln müssen. Und was Schülern jetzt zugemutet wird, wäre sicher auch den Lehrern zuzumuten gewesen (es handelte sich in Durchholz um eine Grundschule!).

– Der Hinweis auf mit dem Auto gefahrenen Schüler scheint uns an den Haaren herbei gezogen zu sein.

Bei nachträglicher Abwägung kommen wir zu einem ganz andern Schluss als Herr Schweppe:

– Wenig spricht nach 5 Jahren dafür, dass die „schulpolitische Entscheidung natürlich richtig war“ (Zitat Schweppe).

– Viel mehr spricht dafür, dass es sich bei der Schließung sowohl schulpolitisch wie stadtplanerisch um einen enormen Flop gehandelt hat.

Aber in der Wittener Verwaltungsspitze gilt offenbar: Wir haben immer Recht, egal was passiert. Das diese Einstellung nicht gerade zur Förderung des Lernens und zur Steigerung der Stadtqualität beiträgt, dürfte auf der Hand liegen (siehe dazu unser Beitrag „Nach uns die Sintflut – ein Beispiel aus 2006 dafür, wie die Spitze der Wittener Stadtverwaltung tickt“/April 2013)..

Letztlich ist die Erziehung der Verwaltungsspitze zu einer anderen Denk- und Handlungsweise aber – wie so vieles – abhängig von der Qualität der politischen Vertretung der Bürger – des Rates – und last but not least von politischen Mehrheiten.