Maskenpflicht: Null Toleranz?

Der Bürgermeister ist wegen der hohen Zahl der Maskenmuffel in der Wittener Innenstadt „empört“, gar „angefressen“? Und jetzt „Nulltoleranz“ (WAZ 27.4.21 „Null Toleranz gegen Maskenmuffel“)? Das hört sich martialisch an, wirkt bei näherem Hinsehen aber eher hilflos – genauso so wie ein erneuter „Appell“. Warum?

Es dürfte ziemlich uninteressant sein, ob Herr König privat „angefressen“ ist. Interessanter aus meiner Sicht ist, wie sich der Bürgermeister König als Amtsinhaber und Chef der Wittener Verwaltung in Bezug auf die Maskenpflicht verhalten hat und in Zukunft verhalten wird.

Denn in den vergangenen Monaten war nicht nur bei vielen Bürger_innen, sondern auch bei der Verwaltung ein ziemlich laxer Umgang mit der Maskenpflicht festzustellen. Erst breite Einführung der Maskenpflicht im vergangenen Jahr, dann Aufhebung, dann Wiedereinführung der Pflicht in einem sehr überschaubaren Bereich. Ich hatte schon Anfang des Jahres zur Problematik des Hin-und-Her Stellung genommen und einige Verbesserungsvorschläge gemacht*. Geschehen ist kaum etwas.

Nach wie vor beschränken sich die Aktivitäten der Stadt bzgl. Maskenpflicht auf deren Beibehaltung in einem sehr überschaubaren Innenstadtbereich und meiner Meinung nach vollkommen unzureichende Hinweise. Wahrscheinlich war das Nichthandeln von der Hoffnung motiviert, die Problem würden sich von selbst lösen. Diese Hoffnung hat sich – leider – voraussehbar nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Probleme haben sich auch in Witten (u.a. durch die unkontrollierbaren Mutationen des Corona-Virus) verschärft.

Angesichts des „Minimalaufwands“ der Verwaltung sollte sich der Bürgermeister also nicht als „empört“ und schon gar nicht als „angefressen“ gerieren, denn er trägt ein gerüttelt Maß an Mitverantwortung. Ich zitiere die richtige Anmerkung von Herrn Augstein-Peschel aus seinem Kommentar (WAZ 27.4.21 „Tragt die Maske“): „Allerdings hat sich die Stadt Witten in der Vergangenheit auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, wenn es um die Maskenpflicht-Zonen ging. Vor Weihnachten wurde sie aufgehoben und selbst im März, als die Zahlen schon wieder nach oben gingen, konnte man noch ‚oben ohne‘ herumlaufen“.

„Nulltoleranz“ ist sicher aktuell mehr denn je angemessen, hätte aber schon in den vergangenen Monaten verstärkt zwecks erzieherischer Wirkung praktiziert werden sollen. Darüber hinaus wären jetzt folgende Maßnahmen dringend notwendig:

– Erhöhung der Bußgelder. Sie sollten schmerzhafter sein. Denn „Maskenmuffel“ gefährden nicht nur sich selbst, sondern rücksichtslos andere.

– Verbesserung der Hinweissituation für die Bereiche, in denen schon jetzt Maskenpflicht gilt. Die mickrigen Hinweisschilder reichen nicht.

– Ausweitung der Maskenpflicht auf Areale, in denen die erhöhte Gefahr einer Ansteckung gegeben ist. Wer in der letzten Zeit zum Beispiel den Lutherpark beobachtet hat, weiß, dass dort angesichts des Verhaltens der Menschen eine erhöhte Ansteckungsgefahr lauert.

– Es mangelt aus meiner Sicht immer noch an gezielter Aufklärung. Immer wiederholte und leer laufende „Appelle“ scheinen mir unzureichend zu sein. Die Aufklärung sollte über eine vom Bürgermeister koordinierte Initiativgruppe (Beteiligte: Verwaltung, Krankenhäuser, Ärzte, Uni, Schulen, Sportvereine etc.) qua Kampagne (über Plakate, Presse, soziale Medien etc.) voran getrieben werden.

Last but not least: Mich wundert die Ruhe der Politik. Der Rat und die politischen Formationen scheinen vollkommen abgetaucht zu sein. Wieder überfordert?

*Siehe mein Beitrag „Corona in Witten: Statt dringend gebotener Maskenpflicht Schockstarre der Stadtverwaltung?“/19.01.21