Geht’s noch?

Dass die Untere Bahnhofstraße seit Jahren ein Problem der Innenstadtentwicklung ist, dürfte nichts Neues sein. Siehe dazu meine Beiträge „Untere Bahnhofstraße – wie weiter?„/11.7.16 und „Defensivaktionen helfen wenig gegen selbst verursachtes Trading Down*“/8.5.13. Die Ursachen liegen aus meiner Sicht im wesentlichen in zurück liegenden planerischen Fehlentscheidungen, die die Kundenströme um- und abgelenkt haben (via Kaufland und Stadtgalerie). Wo Menschen kein Motiv haben hinzugehen, da haben es eben Einzelhandel und Gastronomie schwer.

Insofern wird das Problem – wenn überhaupt – nur zu lösen sein, wenn es gelingt (ich kann mich nur wiederholen), erneut einen Frequenzbringer im Bereich des ehemaligen Novum-Kaufhauses anzusiedeln.

Nicht zur Problemlösung beitragen wird mit Sicherheit (ganz unabhängig von bestehenden baulichen Hindernissen wie der Straßenbahn und der Straßenbahnhaltestelle) eine Freigabe des Fußgängerzonenabschnitts von der Breddestraße zur Kreuzung Bahnhofstraße/Breite Straße/Bergerstraße für den Durchgangsverkehr (Einbahnstraße) – siehe dazu WAZ vom 19.7.16: „Autos könnten durch die Fußgängerzone rollen“.

Denn was soll das bringen? Verflüssigung des Verkehrs? Wo soll der herkommen? Sollen Nordstraße/Breddestraße und die Poststraße durch zusätzlichen und vollkommen überflüssigen Umwegverkehr belastet werden? Soll das kleine, jetzt noch relativ ruhige Platzareal Ende Breddestraße/Bahnhofstraße durch Durchgangsverkehr verlärmt und verstänkert werden? Ade Idee Breddeviertel?

Und was soll der Durchgangsverkehr – die Autos fahren eben durch – zur Stabilisierung und Entwicklung von Einzelhandel und Gastronomie im in Rede stehenden Fußgängerzonenabschnitt beitragen?

Bleibt der Dauersparren mit dem Parken, denn manche Wittener unablässig und unbelehrbar kultivieren. Warum unbelehrbar? Weil es in sehr übeschaubarer Nähe zur Unteren Bahnhofstraße – unter 100 Meter! – zwei Parkhäuser gibt, und freies Parken im in Rede stehenden Abschnitt wohl kaum sinnvoll und vertretbar wäre.

Aktueller Beleg ist der Umzug des Raumausstatters Kölsch von der Unteren Bahnhofstraße zum Berliner Platz, über den die WAZ berichtete (WAZ 19.7.16). Auch hier hat nach Aussage von Herrn Kölsch der Standortvorteil der Kundenströme (Laufkundschaft) und nicht das Parken den Ausschlag gegeben.

Also: Nicht zu den vergangenen Fehlentscheidungen noch eine neue durch Freigabe für den Durchgangsverkehr hinzufügen! Diese würde der Unteren Bahnhofstraße nicht helfen, sondern weiter schaden.

Deshalb ist es für mich ein Rätsel, warum der neue Stadtbaurat es noch für zu früh hält, die Freigabe als gute oder schlechte Idee zu bewerten (s. o.g. WAZ-Artikel) – vor allem, weil er noch vor kurzem klare Argumente gegen ein Freigabe vorgetragen hat:

→ Schreiben von Herrn Boldt und Antwortschreiben des Stadtbaurats:

– Schreiben von Herrn Boldt: Anschreiben von Herrn Boldt an Fraktionsvorsitzenden

– Antwortschreiben des Stadtbaurats: STELLUNGSNAHME STADT S1, STELLUNGSNAHME STADT S2

Die Idee ist schlecht – ganz unabhängig davon, ob sich einzelne Bürger (Herr Boldt?) zuletzt im Rathaus vehement für sie stark gemacht haben, oder wie Eigentümer, die möglicherweise gar nicht in Witten wohnen, die Angelegenheit sehen. Und der Vergleich der Unteren Bahnhofstraße mit der Herbeder Meesmannstraße, den Herr Boldt in einem Leserbrief (WAZ 21.7.16: „Vorbildliche Meesmannstraße“, Herr Boldt wohnt in Herbede) wiederholt, ist schlicht abenteuerlich. Diese „Querdenkerei“ bringt die Untere Bahnhofstraße um keinen Schritt weiter und die Meesmannstraße, die den Edeka-Verlagerungs-Schock zu verkraften haben wird, auch nicht. Die Meesmannstraße nur noch als „Genussmeile“ (einige Gastronomien)? Geht’s noch?