KreuzchenstrategInnen
Ich finde es immer wieder erstaunlich mitzubekommen, auf welche Gedanken eigentlich unpolitische Menschen kommen, wenn es um’s Wählen geht. Nachdem diese Menschen zwischen den Wahlen politisch nie einen Finger gerührt haben, werden bei anstehenden Wahlen plötzlich ganze Strategiegebäude halluziniert. Mit dem enormen Gewicht des Kreuzchens soll z.B. eine politische Rechtstendenz und ein Stärkerwerden der AFD verhindert werden, indem die SPD gewählt wird. Was ist daran windschief?
Windschief ist vor allem die Illusion, mit der Wahl der SPD die AFD zu schwächen. Warum? Weil die AFD nach wie vor nicht in erster Linie auf Grund ihrer originären politischen Qualität verstärkt breiten Zuspruch erhält, sondern durch die schlechte Politik der politischen Konkurrenten, eben auch der SPD. Heißt: Das bloße Wahlkreuzchen für die SPD in ihrer gegenwärtigen Verfassung führt zu dem paradoxen Ergebnis, dass damit die AFD weiter gestärkt wird – und die SPD weiter ihrer Bedeutungslosigkeit entgegen taumelt.
Wer das verhindern will, sollte versuchen, die SPD von ihrem selbstzerstörerischen Kurs abzubringen – z.B. durch Parteieintritt und parteinterne Positionierung. Und was die AFD anbetrifft, dürfte nur eine inhaltlich-argumentative Auseinandersetzung geeignet sein, diese Partei zu schwächen. Faschismushammer, Verfassungsschutz oder Verbotsphantasien bringen da überhaupt nichts. Abgesehen davon, dass diese Art von primitiv-polemischer – und was den Faschismusvorwurf anbetrifft, hanebüchen historisch falscher und kenntnisfreier – Ausgrenzung undemokratisch ist.
