Milchmädchenrechnung

Mensch wundert sich, was wohl im Kopf des Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion und langjährigen Ratsmitglieds Thomas Richter vorgegangen sein mag. Am 31.3.15 berichtet die WAZ,
dass die SPD bei auswärtigen Schülern sparen will. Herr Richter rechnet: Jeder Schüler koste die Stadt 1.500 €/Jahr: Mache bei 750 auswärtigen Schülern pro Jahr über eine Million €.

Was ist an dieser Rechnung faul?

Die Verwaltung geht in der Antwort auf Anfragen der Piraten und des bürgerforums von 1.340,82 € Kosten pro Schüler aus.

→ Antwort der Verwaltung auf Anfragen Antwort der Verwaltung auf Anfragen Piraten bürgerforum

Die Kosten beziehen sich auf alle Schüler, also Wittener + auswärtige. Die Kosten beinhalten Fixkosten (Gebäudeunterhaltung, Schulsekretariate etc.) und variable Kosten (Fahrtkosten).

Vor diesem Hintergrund kann festgestellt werden:

– Die Fixkosten würden sich durch Wegfall der 750 auswärtigen Schüler unmittelbar nicht vermindern. Deshalb spricht die Verwaltung in ihrer Antwort auch nur über Einsparmöglichkeiten durch Reorganisation – Schulschließungen? -, nennt aber vorsichtigerweise keine Summen. Folge des Wegfalls der Schüler wäre vielmehr eine Erhöhung des Fixkostenanteils für die verbliebenen Wittener Schüler pro Jahr.

Die für ein langjähriges und seit Jahr und Tag mit Wittener Haushalten befasstes Ratsmitglied erstaunliche Milchmädchenrechnung ähnelt der Fehleinschätzung, die Infrastrukturkosten der Stadt (z.B. Kanalisation) und die damit verbundene Belastung der Bürger ließe sich über die Verminderung der Einwohnerzahl senken. Der paradoxe Effekt, dass die Kosten pro Kopf bei Verminderung der Einwohnerzahl steigen würden, sollte sich eigentlich mittlerweile auch bei SPD-Kommunalpolitikern herum gesprochen haben.

– Bleiben die variablen Kosten als möglicherweise einzusparende Summe. Abgesehen davon, dass diese Summe sehr viel niedriger ausfallen dürfte als die behauptete „über eine Million €“ (die Verwaltung errechnet in ihrer Antwort bei 848 auswärtigen Schülern 77.502,20 €/Jahr), sollten vor Einsparen die damit verbundenen Kollateralschäden für die betroffenen Schulen (z.B. Verminderung der Unterrichtsqualität durch Reduzierung des Angebots), die Stadt, die Eltern und die Schüler (Schulwege) berücksichtigt werden. In der Gesamtbilanz dürfte sich für die Stadt Witten ein Minus ergeben.

Merke also: Beim Sparen sollte mensch sich nicht von Vorurteilen leiten lassen. Sonst könnten Milchmädchenrechnungen nicht zu heilende Schäden für die Stadt verursachen. Sparen bei auswärtigen Schülern wäre ein eklatanter Fall von Sparen an der falschen Stelle.