Am 3.7.15 suggeriert ein Artikel der WAZ, Bürgermeister in Witten (zurückliegend und amtierend) hätten die Geschicke der Stadt gelenkt. Damit wird die weit verbreitete Illusion genährt, ehrenamtliche und seit 1999 hauptamtliche Bürgermeister seien qua Amt mächtige Personen gewesen oder seien es immer noch. Sie hätten über erhebliche Gestaltungsmacht verfügt oder würden aktuell und in Zukunft darüber verfügen. In Wirklichkeit war und ist die Macht von Bürgermeistern qua Amt äußerst begrenzt. Um das – erneut – klar zu stellen, habe ich folgenden Leserbrief an die WAZ geschickt:
Leserbrief (mit der Bitte um Abdruck)
WAZ 3.7.15: „Die Spitzen im Rathaus“
Demokratisch gewählte Bürgermeister, die die Geschicke der Stadt geleitet hätten? Die Geschicke der Stadt leitete und leitet gemäß Gemeindeordnung NRW der für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständige demokratisch gewählte Stadtrat (§ 41 Gemeindeordnung NRW), dessen Beschlüsse die Bürgermeisterin/ der Bürgermeister vorzubereiten und durchzuführen hat (§ 62 Gemeindeordnung NRW). Und demokratisch gewählt? Kein Zweifel, aber doch auf sehr unterschiedliche Weise. (mehr …)
Beim Nachdenken über Vor- und Nachteile der Betriebsform Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) fiel mir ein, wie mensch einige Probleme der Stadtverwaltung einschließlich der Selbstverwaltung in Witten lösen könnte (Anmerkung sicherheitshalber: Der Vorschlag ist nicht ganz ernst gemeint).
Folgender Vorschlag: Wir lösen die gesamte Stadtverwaltung fachbezogen in einzelne AöRs auf. Die AöR Kulturforum (KuFo) hat es schließlich vorgemacht, wie nicht nur technische Ämter, sondern auch beliebige andere in eine AöR überführt werden könnten. Was wäre damit gewonnen?
Der Rat wäre nur noch für Beratung und Verabschiedung von Wirtschaftsplänen und Jahresabschlüssen der AöRs im Rahmen der jährlichen Haushaltsbeschlüsse verantwortlich. Die Zahl der Ratssitzungen könnte bedeutend reduziert werden (Kostenersparnis! Haushaltskonsolidierung!).
Die kommunale Selbstverwaltung = Politik wäre außerhalb des Rates nur noch in den jeweiligen Verwaltungsräten präsent, die entsprechend der Tagungshäufigkeit des Verwaltungsrats KuFo viel seltener tagen würden als die bisherigen Ratsausschüsse (Kostenersparnis! Haushaltskonsolidierung!). Die jetzigen Ausschüsse könnten aufgelöst werden. (mehr …)
Die Geschichte der „Technischen Betriebe Witten“ ist lang und verschlungen. In 2008 als Prüfauftrag (Anstalt öffentlichen Rechts – AöR – oder Eigenbetrieb) auf den Weg gebracht, hakte das Ganze zum ersten Mal, als 2010 die Variante AöR – glücklicherweise – nicht zum Zuge kam. 2013 wurde der Beschlussvorschlag zur Gründung einer „eigenbetriebsähnlichen Einrichtung“ „Technische Betriebe Witten“ mehrfach verschoben, am 25.11.13 aber beschlossen. Auf der Ratssitzung am 22.6.2015 ist jetzt die „eigenbetriebsähnliche Einrichtung“ abschließend durch eine Mehrheit des Rates verworfen und eine neue Variante „optimierte Ämterlösung“ beschlossen worden. Zur Ämterlösung siehe den folgenden Rechtformverglkeich:
→ Rechtsformvergleich zwischen eigenbetriebsähnlicher Einrichtung und Amt 0016_M_16_Pruefauftrag_Rechtsformvergleich_-_11_05_2015_-
Was sprach und spricht für mich gegen die Betriebsform der AöR speziell in Witten (siehe dazu mein Beitrag „Selbstentmächtigung ist nicht meine Sache„/24..6.15)? (mehr …)
Übrigens: Die Wittener Grünen und Piraten haben schon einmal „geniale“ Ideen für die vom Kämmerer geforderte Ideenkonkurrenz zur Haushaltskonsolidierung beigetragen/vorgelegt. Beispiel 1: Verkauf Expressionisten des Museums (KuFo) → Antrag Ermittlung Marktwert Gemälde. Siehe zu diesem Unsinn meine Beiträge: „Hau‘ weg den Scheiß?“/8.1.15 und „Alles nicht so gemeint? Grüner Ausverkauf von Kunst abgeschmettert“/18.3.15. Die Verkaufsabsicht zwecks Haushaltskonsolidierung wird in der Begründung des Antrags deutlich. Beispiel 2: Verzicht auf den Anbau Märkische Halle, dem die Grünen, wie sie in ihrem Antrag zugeben, selbst vormals zugestimmt haben → Antrag Verzicht Anbau Märkische Halle: Antrag Verzicht Anbau Märkische Halle. Ein typisches Beispiel für Bürger Quälen, ohne selbst Schmerzen zu erleiden. Beispiel 3: Sammelbüchse Streichelzoo → Antrag Aufstellen Sammelbox Streichelzoo. Das wird’s bringen. Wie wär’s denn mit der Beantragung einer Bettelerlaubnis für die Bahnhofstraße (Aktion: Grüne und Piraten betteln im öffentlichen Interesse für den notleidenden städtischen Haushalt).
Auf der letzten Ratssitzung stellten SPD und CDU folgenden Antrag:
→ SPD/CDU-Antrag „Haushalt 2016“: 0119_AG16_Antrag
Daraufhin kontert der Kämmerer mit folgendem Papier:
→ Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen im Rahmen des HSP, die eines politischen Beschlusses bedürfen: Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen Stand Juni 2015
Tatsächlich wird es langsam Zeit, sich auf den Haushalt 2016 vorzubereiten. Gründe:
– Die Differenz zwischen Aufwendungen und Erträgen lagen im Haushaltsplan 2015 immerhin bei ca. 17 Mio. Euro.
– Zum Schuldenstand der Stadt siehe mein Beitrag „Bund und Land sollen zahlen“/25.6.15.
– Der Haushalt 2015 ist wieder nur mit knapper Not genehmigt worden: →Bezitksregierung Genehmigung Haushalt 2015: 2015-04-17 Genehmigung Fortschreibung 2015
– Zwischenzeitig sind zusätzliche finanzielle Belastungen auf die Stadt zugekommen (Flüchtlinge, Tariferhöhungen öffentlicher Dienst, KiTa etc.) und im HSP (Haushaltssanierungsplan) vorgesehene Einnahmen weg gebrochen (z.B. kalkulierter Beitrag der Sparkasse zur Haushaltskonsolidierung).
Das Einhalten der Vorgaben des Stärkungspakts (zum Stärkungspakt siehe mein immer noch aktueller Beitrag „Was bedeutet der Stärkungspakt für Witten?“/12.3.13) dürfte also wieder extrem schwierig werden mit der Konsequenz, dass neue Belastungen für die Bürger ins Visier geraten. (mehr …)
Die Klage von Kommunen, auch der Stadt Witten, über fehlende Gegenfinanzierung von übertragenen Aufgaben ist endemisch. Sofort heißt es gebetsmühlenartig: Wir werden überlastet, Bund und Land müssten eigentlich für die Kosten dieser Aufgaben aufkommen (Konnexitätsprinzip; zum Konnexitätsprinzip siehe auch mein Beitrag: „Einhaltung des Konnexitätsprinzips – die Rettung?“/25.9.14). Diese Klage war auch angesichts der dräuenden Haushaltsberatung für den Haushalt 2016 auf der letzten Ratssitzung wieder zu hören.
Dazu einige Zahlen:
„Gemessen an dem Schuldenstand je Einwohner bestand für den öffentlichen Gesamthaushalt (Bund, Länder, Sondervermögen des Bundes sowie Gemeinden und Zweckverbände) Ende 2013 in Deutschland eine durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung von 25.289 Euro. Davon fallen rund 62 Prozent auf den Bund (15.860 Euro pro Kopf), rund 31 Prozent auf die Länder (7.755 Euro pro Kopf), etwa 7 Prozent auf die Kommunen (1.807 Euro pro Kopf*) und ein marginaler Teil auf die Sozialversicherungen (10 Euro pro Kopf).“**
Was belegen diese Zahlen?
Sie belegen, dass die Finanzierung durch Bund/Land von auf die Kommunen übertragenen Aufgaben wohl die Verschuldung der Kommunen – so sie sich denn verschulden müssen – verringern, allerdings zu einem Schuldenanstieg bei Bund und Land führen würde. (mehr …)
Angesichts der Berichterstattung in der WAZ „Politik beschließt Ämterlösung statt technischen Betrieb“ sah ich mich zur Klarstellung meiner Position in dieser Frage gezwungen, folgenden Leserbrief an die WAZ zu schicken:
Leserbief (mit der Bitte um Abdruck)
WAZ 24.6.15 „Politik beschließt Ämterlösung statt technischen Betrieb“
Das bürgerforum hätte sich bei der Reorganisation der technischen Betriebe eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) gewünscht? Ich jedenfalls nicht, und bisher hat das bürgerforum in dieser Angelegenheit auch immer eine andere Position bezogen. Tatsächlich handelte es sich bei der Einlassung während der Ratssitzung um eine Meinung des Fraktionsmitglieds Hermann Claßen.
Warum war und bin ich dagegen? (mehr …)
Blinde Hühner finden auch manchmal ein Korn, heißt es. So jetzt auch WBG und Piraten. Beide Minifraktionen stellten folgenden Antrag in der Angelegenheit Wickmann-Gelände:
→Antrag WBG/Piraten „Sofortige Rücknahme des Wiederspruches zum Urteil des Verw.Gerichtes Arnsberg“: 0123_AG16_Antrag
Mit dem Zielwasser und der Orthografie hapert es wohl noch (Es lag kein Fall von Dringlichkeit* vor, und „Wiederspruch“ wird natürlich korrekt „Widerspruch“ geschrieben), aber die Zielrichtung des Antrags ist für mich plausibel. Mein Freund prawda dazu schrieb kürzlich in einem Online-Kommentar (WAZ):
„Immer diese halb informierten Besserwissereien, p.s.a.. Wie sieht die aktuelle Lage aus? Nach Beschluss des Rates, den B-Plan 216 etc. aufzuheben, wird eine Berufung – wenn sie denn jemals eine minimale Chance gehabt hätte – keiner Chance mehr haben. Das Festhalten an der Berufung produziert nur überflüssige Kosten. Da aber nach dem Mehrheitswillen des Rates durch die Aufhebung – langwierig und nach Aussage des Baudezernenten ca. 1 1/2 Jahre bis zum Abschluss – eh nur das Ergebnis § 34 erreicht werden soll, ist eigentlich nicht einzusehen, wieso durch Rücknahme der Berufung nicht schneller das gewünschte Ziel angestrebt wird. Planungsrechtliche Instrumente zur Vermeidung von Zentrenschädlichkeit gibt es auch im Rahmen des § 34, eine Einigung von Stadt und Investoren und der Investoren untereinander über Verhandlungen ist auf jeden Fall wünschenswert – ob später oder bald -, und Schadenersatzansprüche dürften bei einer einvernehmlichen Einigung vom Tisch sein.“ (mehr …)
Auch schwer erträglich war die Auseinandersetzung um den Antrag von SPD und CDU („GroKo“ oder neuerdings „Bürgerbündnis“) zur Angelegenheit Wickmanngelände:
→ Antrag SPD/CDU Wickmanngelände: 0118_AG16_Antrag
→ ergänzend: Schreiben Ostermann (auf Wunsch von Herrn Rolf Ostermann habe ich das instruktive Schreiben am 17.12.20 aus meinen Uploads entfernt, könnte es aber nach Kontakt mit mir zur Verfügung stellen)
Was mag nur in diese Fraktionen gefahren sein, einen solchen Antrag zu stellen? Ich kann mir nur einen Reim darauf machen, dass es um die Retourkutsche zu einer Beauftragung des Rechnungsprüfungsamts durch die Bürgermeisterin ging:
→ Vorlage des Rechnungsprüfungsamts 0218_V_16_Vorlage_des_Rechnungspruefungsamtes
→ Prüfbericht vom 23.2.15 0218_V_16_Pruefbericht_vom_23_02_2015
→ Stellungnahme der Verwaltung 0218_V_16_Stellungnahme_der_Verwaltung_vom_12_03_2015
Aber was soll die Retourkutsche? (mehr …)
Ich mache das jetzt seit ca. 25 Jahren, aber was sich seit einiger Zeit im Rat der Stadt Witten abspielt, ist schwer zu ertragen. Ein Beispiel aus der letzten Ratssitzung:
Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, bürgerforum, FDP, Piraten, WBG und Witten Direkt beantragen per Dringlichkeitsantrag die unverzügliche Stellenausschreibung einer neuen Stadtbaurätin/eines neuen Stadtbaurats.
→ Dringlichkeitsantrag „Unverzügliche Stellenausschreibung einer neuen Stadtbaurätin / eines neuen Stadtbaurates“: 008_Rat_2015_Dringlichkeitsantrag_auf_Ausschreibung_der_Stelle_
Dafür mag es gute Gründe geben. Der Punkt ist nur:
Auf einer Ältestenratssitzung am 15.6.15, bei der alle genannten Fraktionen (außer Witten Direkt) anwesend waren, ist offensichtlich einvernehmlich – jedenfalls vermerkt die Niederschrift keine Einwände, und die TeilenehmerInnen der „Opposition“ werden ja wohl nicht geschlafen haben – ein anderes Verfahren abgestimmt worden, das folgende Termine vorsieht: fraktionsinterne Abstimmung, Beratung über das weitere Verfahren auf einer Ältestenratssitzung am 29.6.15, Ausschreibungsfrist gemäß Vorschlag der Bürgermeisterin bis zum 31.8.15.
Der Eindruck drängt sich auf, das erst zugestimmt wurde und dann per Dringlichkeitsantrag eine Kehrtwende vollzogen worden ist, um der GroKo eins auszuwischen und noch schnell eine „oppositionelle“ Duftmarke zu setzen. (mehr …)