Ein Schelm, der Böses dabei denkt
Ein zentrales Argument, mit dem der Kämmerer Druck in Richtung Haushaltszustimmung erzeugt hat, war sein Hinweis, bei Nichtverabschiedung des Haushalts würden Fristen für die Beantragung von Fördermitteln überschritten. Das Argument ist für mich nicht neu. Es ist schon einmal eingesetzt worden (siehe dazu mein Beitrag „Sparkommissar – droht der schwarze Mann? (aktualisiert 23.09.14)„/15.9.14). Mittlerweile drängt sich mir allerdings der Eindruck auf, dass es sich dabei um einen taktischen Trick des Kämmerers handelt.
Der Hinweis auf die drohende Fristüberschreitung war korrekt, aber wie kam es zu dieser Situation? Antwort: Durch Verschiebung der Haushaltsverabschiedung auf den letzten Drücker.
Der Haushalt, der jetzt verabschiedet worden ist, sollte eigentlich schon im letzten Jahr, am 13.12.15, beschlossen werden. Dies ist dann auf das Begehren der Fraktionen hin verschoben worden mit der Begründung, es läge noch Beratungsbedarf bzgl. möglicher Kompensationen für die geplanten drastischen Stuererhöhungen vor*.
Still ruhte der See zwischenzeitig – sowohl bei der Kämmerei wie bei den Fraktionen. Und dann jetzt über Stock und Stein mit massiver Steuererhöhung – auch um keine Fristüberschreitung zu riskieren.
Merkwürdig ist das Verfahren schon. (mehr …)
Klarstellung: Keine Zustimmung zum Haushalt
Am 10.5.16 berichtet die WAZ („Haushalt ist durch“), die Fraktion bürgerforum habe dem Haushalt zugestimmt. Daraufhin verschicken die Ratsmitglieder Hermann Claßen und Klaus Riepe folgende Bitte um Klarstellung an die WAZ:
An die WAZ-Redaktion/10.5.16
Bitte um Klarstellung
Sehr geehrte Damen nund Herren,
Ihre Berichterstattung am 10.5.16 („Haushalt ist durch“) erweckt den Eindruck, dass alle Mitglieder der Fraktion bürgerforum dem Haushalt zugestimmt hätten. Diesem Eindruck möchten wir entschieden entgegen treten. Von den sieben bei der Ratssitzung anwesenden Fraktionsmitgliedern haben wir, Hermann Claßen und Klaus Riepe, aus Überzeugung dem Haushalt nicht zugestimmt. Darüber hinaus hat sich ein Fraktionsmitglied der Stimme enthalten.
Hermann Claßen Ratsmitglied/Fraktion bürgerforum
Klaus Riepe Ratsmitglied/Fraktion bürgerforum
Ergänzende Anmerkung meinerseits: Wer meine Beiträge zum Haushalt der Stadt Witten verfolgt, weiß, dass ich auf keinen Fall – Begründung: siehe Beiträge – diesem Haushalt zugestimmt hätte. Ich bin doch nicht schizophren.
Absolute Schmerzgrenze?
Am 7.5.16 berichtet die WAZ, die SPD-Fraktion werde dem Haushalt („Es ist uns noch nie zuvor so schwer gefallen“) dem Haushalt zustimmen. Ich hab’s geahnt. Und wieder folgt diese Fraktion, natürlich „im Interesse der Menschen, die hier wohnen“ (Stehen nicht für die erhebliche steuerliche etc. Mehrbelastungen an?) und der „kleinen Handlungsspielräume“ (Müssen die nicht teuer bezahlt werden?) dem Kämmerer mit Hinweisen auf neue Kita- und OGS-Plätze, das Gewerbegebiet Drei Könige und die Stadterneuerung Heven-Ost (siehe dazu mein Beitrag „Absoluter Stillstand?„/8.5.16). So weit nichts wirklich Überraschendes.
Überraschend ist für mich die geniale Einsicht, dass bei Nichtzustimmung noch „größere Finanzlöcher“ entstehen könnten. Ja wie denn auch sonst, wenn bei der gegebenen maroden Haushaltsstruktur (deren interne Schieflage durch die Steuererhöhungen nur notdürftig übertüncht wird) ca 9.3 Mio. € Mehreinnahmen durch bei den Bürgerinnen und Bürgern abgepresste Steuererhöhungen nötig sind, um ein bescheidenen Plus von 381.000 € (Erträge: 286 723 000 Mio. €, Aufwendungen: 286 342 000 Mio. €) zu erwirtschaften?
„Absolute Schmerzgrenze“ (Zitat Dr. Uwe Rath)? Für die SPD-Fraktion? Abgesehen davon, dass ich auf deren Positionierung beim nächsten Haushalt gespannt bin – derartige Versicherung haben erfahrungsgemäß manchmal eine extrem kurze Halbwertszeit – , dürfte das aktuelle Verfahren der Haushaltssanierung eher etwas von Steuersadismus an sich haben: Mit den Schmerzen müssen die Steuerzahlerinnen/die Steuerzahler und weitere indirekt Betroffenen doch wohl mit zusammen gebissenen Zähnen allein fertig werden.
Absoluter Stillstand?
Am 7.5.16 warnt der Kämmerer in der WAZ („Kämmerer warnt vor absolutem Stillstand“) vor einem „absoluten Stillstand“, wenn dem Haushalt am Montag, 9.5.16 nicht zugestimmt werde. Abgesehen davon, dass die Verwaltung auch nach einem abgelehnten Haushalt hoffentlich noch weiter arbeitet und insofern kein absoluter Stillstand zu erwarten ist, handelt es sich in dieser Drastik natürlich trotz der gegeteiligen Versicherung des Kämmerers um eine Drohgebärde. Und das, um dem Rat die Chance zu geben, „noch ein bisschen was nach vorne zu bringen“ (Zitat Kämmerer)? Wie sieht das „Bisschen nach vorne“ – möglicherweise – aus?
Kindergarten Marienstraße (2 Mio. €): Sicherlich wünschenswert, aber muss das sein?/ Offene Ganztagsschule (nicht mit Summe unterlegt): Sicherlich wünschenswert, aber wird das nicht durch die Schulpauschale abgedeckt?/ Spielplatzprogramm (150.000 €): Sicherlich wünschenswert, aber muss das sein?/ Straßensanierung: (1,4 Mio €): Meiner Meinung nach selbst bei nicht genehmigtem Haushalt und vorläufiger Haushaltsführung nicht gefährdet/ Gewerbegebiet Drei Könige: Ungelegtes Ei, aber kann das nicht warten?/ Rathaussanierung: Projekt ist in der letztn Haushaltsperiode angefangen; meiner Meinung nach selbst bei nicht genehmigtem Haushalt und vorläufiger Haushaltsführung nicht gefährdet/ Heven-Ost: Sicherlich wünschenswert, aber ein ungelegtes Ei.
In der Summe macht das einen mit € unterlegten Betrag von ca. 3.55 Mio. € aus.
Ich bilanziere: Den ca. 3,55 Mio. € (meinetwegen auch ca. 4,55 Mio. €, wenn die nicht unterlegten Posten spekulativ unterlegt werden) ohne absoluten Stillstand bei Zustimmung zum Haushalt stehen ca. 9,3 Mio. € Mehreinnahme durch Steuererhöhungen gegenüber (Vorlage 0395 Vorlage), die den Bürgerinnen und Bürgern aus der Tasche gezogen werden. Ein gutes Geschäft für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wohl kaum. Darüber hinaus sollte die Frage erlaubt sein, wohin denn die 5 bis 6 Mio. € fließen, die nicht für die Übewindung des „absoluten Stillstands“ geplant sind? (mehr …)
Haushaltskapriolen
Ergänzung 7.5.16: Um einen Eindruck von der Größenordnung der geplanten Steuererhöhungen zu vermitteln, hier die Vorlage, die am Montag beschlossen werden soll, und von der Kämmerei errechnete Beispiele für die Grundsteuer B (übrigens alles öffentlich im Ratsinformationssystem der Stadt Witten zu finden):
→ Vorlage Vorlage
→ Beispiele für die Grundsteuer B Anlage_1Beispiele
Wie mir zu Ohren gekommen ist, wollen einige Ratsmitglieder dem Haushalt 2016 und den damit verbundenen Steuererhöhungen mit folgender Begründung zustimmen: Weil Witten „erpresst“ werde und wegen drohendem Wegfall von Fördermitteln, Zuschüssen für Flüchtlinge und des Zuschusses aus dem Stärkungspakt, sei die Steuerhöhung alternativlos*. Diese Ratsmitglieder sehen eine Obergrenze für eine Zustimmung zu zukünftigen Hauhalten sogar erst bei einer Anhebung der Grundsteuer B auf 1000 Prozentpunkte (aktuell angestrebte Anhebung: 910 Prozentpunkte).
An Haushaltszustimmungskapriolen ist die Wittener Kommunalpolitik schon immer reich gewesen, diese Kapriole ist nur eine neue und genau so falsch wie die alten: „In Verantwortung für die Stadt …“, „Rampen bauen“ (die Rampen führten dann leider weiter in den Abgrund) etc. Wer diesem Haushalt und den Steuererhöhungen zustimmt, wird das Elend nur verlängern, und wer bereit ist, die Grundsteuer auf 1000 Prozentpunkte zu erhöhen, hat einfach den Schuss nicht gehört. Witten krankt nicht an zuviel „Erpressung“, sondern an zu wenig, nämlich an zu wenig nachhaltigem Durchgriff der Aufsichtbehörde zu einer Kernsanierung von Verwaltung und städtischen Finanzen. (mehr …)
Im Plan?
In der WAZ vom 3.5.16 („Kämmerer: Tarifabschluss liegt 2016 im Plan“) wird der Kämmerer zum Tarifabschluss des Öffentlichen Dienstes (2,4% in 2016, 2,35% in 2017) zitiert, bei den geplanten Personalaufwendungen sei man damit „im Plan“. Ich wundere mich. Ist die Finanzplanung einschließlich der Planung der Personalaufwendungen nicht bisher von 1% Erhöhung (Richtgröße des Stärkungspakts) ausgegangen (siehe dazu mein Beitrag „Verdi: Hauptsache Knete, Kollateralschäden interessiern nicht“)? Was heißt dann im Plan und welchen Plan meint der Kämmerer? Gab und gibt es da einen nichtoffiziellen, sozusagen Reserveplan des Kämmerers, der nicht in der offiziellen Finanzplanung des Haushaltsplanentwurfs aufgetaucht ist?
Glücklicherweise!
In der Sitzung des ASU am 28.4.16 wurde die Vorlage 0441 (TOP 9 der Tagesordnung) glücklicherweise wieder nicht beraten und beschlossen. SPD/CDU verwiesen auf ihren Antrag zur Aktualisierung des Masterplans Wohnen*, die Linke hatte einen eigenen Antrag am Start:
→ Antrag SPD/CDU: Fortschreibung Masterplan Wohnen
→ Antrag LINKE: 16-03-03_AT_LIFR_5616_Leerstandspruefung
Ich hatte für den Fall eines Falles einen stichwortartigen Kurzbeitrag vorbereitet, den ich glücklicherweise nicht vortragen musste:
„Herr Stadtbaurat, Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
ich kann meine Position zur Vorlage 0441 in wenigen Stichworten zusammen fassen:
1. werde ich auf keinen Fall einer Generalermächtigung der Verwaltung über einen Paketbeschluss für alle in der Vorlage angedachten Projekte zustimmen. Erfahrungsgemäß werden derartige Generalermächtigungen von der Verwaltung als vorweg genommene Zustimmungen in toto gedeutet. (mehr …)
Alternative?
Alternative zu Seniorenwohnungen am Karl-Marx-Platz? Mir fällt ein städtisches Grundstück ein, dass als Alternative zur Bebauung des aus meiner Sicht problematischen Grundstücks am Karl-Marx-Platz in Frage kommen könnte: das städtische Grundstück auf dem Platz der Gedächtniskirche (nach meiner Kenntnis gehören ungefähr ca. 1/4 des Platzes der Stadt, die überigen 3/4 der Evangelischen Kirchengemeinde und sind an die Stadt – Parkplatz – verpachtet).
Der Platz der Gedächtniskirche wird jetzt in Gänze als Parkplatz genutzt, es gab aber schon einmal eine Planung der Stadt, den Platz für einen Rathausneubau zu nutzen. Dieser Plan hat sich glücklicherweise sehr schnell in Luft aufgelöst: Jetzt wird sinnvollerweise statt Neubau das alte Rathaus saniert.
Die Erinnerung an dieses alte Projekt soll nur deutlich machen, dass es auch aus Sicht der Stadtverwaltung Alternativen zur Parkplatznutzung gegeben hat. Wenn aber schon ein Rathausneubau als möglich angesehen wurde, warum dann keine Seniorenwohnungen z.B. durch die Boecker-Stiftung nach Verkauf des städtischen Grundstücks? Sie wären bestens in der Innenstadt gelegen, würden das Viertel aufwerten und wären auch nur ca. 150 m vom jetzigen Standort der Boecker-Stiftung entfernt.
Wie hieß es noch im Stadtteilrahmenplan Witten Mitte aus 2008* zu den Bereichen Karl-Marx-Platz und Platz der Gedächtniskirche (Unser Witten 2020)?
“ ‚Grünzug Mitte‘ & weitere Plätze:
• Öffentliche Räume und Plätze in der Innenstadt durch Gestaltungsbeirat, Architektur-Wettbewerbe, Pflegekonzept, „Corporate Design“, Themenkonzept gestalten!
– Platz der Gedächtniskirche: Langfristige Entwicklungskonzeption erarbeiten!
– Karl-Marx-Platz gestalten (Neuordnung Stellplätze, Grün- und Aufenthaltsbereiche?)! (mehr …)
Panzerknacker im Rats-Habit?
Damit die neueste Attacke auf die Bank nicht hinter dem „mehr…“ des vorigen Beitrags untergeht, hier noch einmal der Sachverhalt:
„Ganz frisch auf dem Tisch liegt die Vorlage 0467/TOP 2.22. „Sparkasse Witten – Umsetzung des Haushaltssanierungsplans“ (Vorlage 0467: Vorlage), mit der der Kämmerer über eine Beauftragung der Mitglieder des Verwaltungsrats der Sparkasse durch den Rat Zugriff auf den Jahresüberschuss der Sparkasse bekommen will. Sollte dies gelingen, handelte es sich für die Stadt um eine Mehreinahme von ca. 1. Mio. €, die von den Kunden der Sparkasse und wahrscheinlich von denjenigen aufgebracht werden müsste, die von einer Einschränkung der bisherigen Sposoringleistungen der Sparkasse betroffen wären (siehe dazu mein Beitrag „Vorsicht: Panzerknacker unterwegs!“/22.2.16).
Sanierung des Haushalts? Die Summe dürfte gerade einmal reichen, um einen Teil der zu erwartenden Personalkostensteigerungen – über die vom Kämmerer schon eingeplanten Personalkostensteigerungen von 1% hinaus – durch die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst und den nachfolgenden Anstieg der Beamtengehälter zu kompensieren (siehe dazu mein Beitrag „Verdi: Hauptsache Knete, Kollateralschäden interessieren nicht!“/23.3.16).“
Ratssitzung 9.5.16: Herrlicher Haushalt
Am 9.5.16 wird es wieder soweit sein. Der Wittener Rat steht vor der Aufgabe, den Haushaltsplan 2016 zu verabschieden. Was steht zur Beschlussfassung an? Werfen wir einen Blick auf die Tagesordnung des Rates.
Die Tagesordnung unfasst 13 Tagesordnungspunkte (TOPs), darunter 2 TOPS Berichte der Bürgermeisterin (1 TOP nichtöffentlich) und zwei weitere nichtöffentliche TOPs. Der entscheidende TOP ist der TOP 2 „Haushalt und Haushaltssanierungsplan 2016“.
Was haben die Bürgerinnen und Bürger zu erwarten?
Unter TOPs 2.1. bis 2.21. findet sich eine ganze Latte von Vorlagen, die unter dem Titel „Kompensationsmöglichkeiten für Steuerhöhungen“ suggerieren, durch Zustimmung zu diesen Vorlagen die geplanten Steuererhöhungen (Grundsteuer B, Gewerbesteuer) vermindern zu können. Was von einem großen Teil dieser Kompensationsmöglichkeiten zu halten ist, habe ich in meinem Beitrag „Kuh vom Eis?“/29.2.16 deutlich zu machen versucht.
Ab 2.23. folgen dann Anträge der Fraktionen, die ich angesichts der realen Lage des Wittener Haushalts schlicht als Zumutung qualifizieren würde.
Anträge der Fraktionen/Bewertung: Haushaltsanträge der Fraktionen 2016 (mehr …)