Fundsache
Bei einem Treffen mit Minister Gabriel forderte Herr Neuhaus-Galladé, Witten möge mehr Gewerbeflächen ausweisen, um auf diesem Weg mehr Gewerbesteuern einnehmen zu können (die WAZ berichtete am 18.8.16). Andernfalls seien die Haushaltsprobleme der Stadt nicht in den Griff zu bekommen. Bei diesem Treffen ließ sich die Bürgermeisterin mit Bezug auf die strittigen Flächen in Stockum und Heven dahingehend ein, der Rat werde in dieser Angelegeneheit wohl das letzte Wort haben.
Ich fand dazu in den WAZ-Online-Kommentaren den Kommentar eines „batgirl“, dem ich mich voll anschließen könnte. Übrigens sind die Spitzenpersonalkosten Wittens im Städtevergleich durch die GPA (Gemeindeprüfungsanstalt NRW) durch deren Prüfung der Stadtverwaltung vor 6 Jahren dokumentiert. Ob sich daran mittlerweile trotz Stellenabbau etwas geändert hat, wird die nächste Prüfung zeigen, die in überschaubarem Zeitraum anliegt:
„Neuhaus-Galladé fordert zusätzliche Gewerbeflächen in Witten/von batgirl
Wer hat wohl Herrn Neuhaus-Galladé diesen Floh ins Ohr gesetzt? Neue Gewerbeflächen für mehr Gewerbesteuern? Die Investoren werden strömen, um bei dem Wittener extrem hohen Gewerbesteuerhebesatz (Spitzenwert im Städtevergleich) die Wittener Stadtkasse zu füllen – zur Absicherung der Spitzenpersonalkosten der besonders effizienten Wittener Stadtverwaltung? Und dafür sollen unter Umständen für eine nachhaltige Stadtentwicklung wertvolle Flächen (Stockum, Heven: regionale Grünzüge!) geopfert werden? In diesem Zusammenhang für die Zukunft ein Hinweis: Über die strittigen Flächen werden im Falle eines Falles nicht Regionalverband und Rat, wie die Bürgermeisterin meint, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach die Bürger (Bürgerbegehren, -entscheid) „das letzte Wort haben“.“
Ein Grund zur Freude?
Da war doch was? Richtig, der Haushalt der Stadt Witten 2016 ist genehmigt worden – mit Steuererhöhungen etc.. Ein Grund zur Freude? Wohl kaum für die Bürgerinnen und Bürger, die in doppelter Weise – durch Einschränkungen von Dienstleistungen und Zwangsabgaben an die Stadt (Steuern etc.) – zur Kasse gebeten werden (Beschwerden und Widersprüche dürften kaum erfolgversprechend sein) . Hinzu kommt, dass in dieser Hinsicht das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist, wie die mahnenden Hinweise der Kommunalkaufsicht dokumentieren (s.u.).
Der von den Haushaltszustimmern im Rat immer wieder beschworene kommunalpolitische Spielraum muss – und tendenziell abnehmend – mit der Lupe gesucht werden (siehe dazu der Hinweis der Kommunalaufsicht auf die sog. freiwilligen Leistungen S. 7). Genau genommen hat die Mehrheit des Rates mit ihrer Zustimmung genau das exekutiert, was ein Sparkommissar auch exekuiert hätte – nicht mehr und nicht weniger. Denn ein Sparkommissar hat eben auch nur die Aufgabe, einen genehmigungsfähigen Haushalt zu „schnitzen“.
Einen Grund zur Freude haben eigentlich nur die Verwaltungsmitarbeiter, die auf Grund der Genehmigung befördert werden können – aktuell drei Mitarbeiter nach A 15 (Oberverwaltungsrat) und drei weitere nach A 14 (Verwaltungsrat). Wer wissen will, was da verdient wird, möge von einem Durchschnittsalter von 50 Jahren ausgehen. Schau’n wir mal, was da noch so kommt. Auf jeden Fall müssen in Zukunft weitere Gehaltserhöhungen über Tarifabschlüsse kalkuliert werden (siehe dazu auch Hinweis der Kommunalaufsicht S. 6).
→ Genehmigungsschreiben der Kommunalaufsicht: HSP-Genehmigung 2016 der Stadt Witten
Übrigens wird die GPA (Gemeindeprüfungsanstalt NRW, nicht „Gemeindeprüfanstalt“. wie unsere Bürgermeisterin sich auszudrücken pflegt) nach meinen Informationen wahrscheinlich im Oktober dieses Jahres wieder in der Wittener Stadtverwaltung präsent sein. Auf die Ergebnisse der Prüfung bin ich gespannt.
Apropos „Widerspruch“
Beiläufig fiel mir gestern beim Joggen ein: Was spricht eigentlich dagegen, der Mehrheit „seiner“ Fraktion (oder politischen Organisation) zu widersprechen, wenn es der eigenen Überzeugung und politisch für richtig erachteten Position entspricht? Der begründete Widerspruch ist bekanntlich der Springquell kollektiven Lernens. Es gab einmal Parteien in Deutschland, für die galt: „Die Partei, die Partei hat immer recht“. Widerspruch wurde härtestens verfolgt und geahndet. Wohin das geführt hat? Zu Sklerose, Denkverboten, katastrophalen politischen Fehlentscheidungen und – zum Untergang. Also?
Widerspruch zu meiner eigenen Fraktion?
Es ist schon manchmal ein Leid mit der Presse. Statt meinen Leserbrief in der Angelegenheit „Ersatzpflanzungen mit Obstbäumen“ (siehe dazu mein Beitrag „Falsches Sparen wäre fatal„/13.8.16) unverändert abzudrucken – es kann doch eigentlich nicht so schwer sein! – , wird dieser in der WAZ vom 15.8.16 „umgearbeitet“. Heraus kommt die geniale Überschrift „Riepe widerspricht seiner eigenen Fraktion“. Dazu drei Anmerkungen:
1. Die Fraktion* bürgerforum, bestehend aus 7 Mitgliedern, ist meines Wissens nicht mein Eigentum. 2. Die Forderung, alle kranken und zu fällenden Eschen durch „Obstbäume“ zu ersetzen, ist zu keinem Zeitpunkt in der Fraktion beraten worden. Insofern konnte ich auch nicht der Fraktion widersprechen. 3. Ich sehe es nicht als meinen Wählerauftrag an, Wittener Straßen mit vor sich hin faulendem Fallobst zu beglücken. Deshalb fragt die Anfrage (siehe dazu mein Beitrag „Sorge um den Baumbestand in Witten?„/11.8.16), um die es eigentlich ging, bewusst nicht allgemein nach möglichen Ersatzpflanzungen für die zu fällenden Eschen mit „Obstbäumen“, sondern mit fruchtragenden Bäumen in Parks und Grünanlagen.
Die Verwaltung hat jetzt dankenswerterweise ausführlich geantwortet und die Möglichkeit von Ersatzpflanzungen mit fruchttragenden Bäumen in Parks und Grünanlagen skizziert:
→ Antwort der Verwaltung auf die Anfrage des bürgerforums zu den kranken Eschen und möglichen Ersatzpflanzungen: Fällen von Eschen Fällen von Eschen (mehr …)
Falsches Sparen wäre fatal
Wie mir zu Ohren gekommen ist, ist die Finanzierung von adäquaten Ersatzpflanzungen für die kranken Eschen nicht gesichert. Keine oder eine Billiglösung bei den Ersatzpflanzungen wäre aber ein Schande für die Stadt. Pikanterweise ist der Kämmerer (qua Zuständigkeit für das Grünflächenamt) für die Maßnahme zuständig. Ich hoffe, dass er sich am Riemen reißt. Wie im Leserbrief (den ich heute an die WAZ geschickt habe) formuliert: Falsches Sparen an dieser Stelle würde dem Klimaschutzkonzept der Stadt und einer nachhaltigen Stadtentwicklung erheblichen Schaden zufügen.
„Leserbrief (mit der Bitte um Veröffentlichung)
Bei der Sorge um die Ersatzpflanzungen für die 75 kranken Eschen zielt der Vorschlag einer Ersatzpflanzung von Obstbäumen aus meiner Sicht bis auf wenige denkbare Ausnahmen in Parks und Grünanlagen in die falsche Richtung. Richtig und wichtig wäre dagegen der möglichst schnelle und vollständige Ausgleich des Verlustes durch die Ersatzpflanzung von ökologisch wertigen Baumarten nicht nur zur Erhaltung des Stadtbildes, sondern auch für den Klimaschutz. Dafür sollte die Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel eigentlich selbstverständlich sein. Falsches Sparen an dieser Stelle würde dem Klimaschutzkonzept der Stadt und einer nachhaltigen Stadtentwicklung erheblichen Schaden zufügen.
Klaus Riepe
Beethovenstr. 25
58452 Witten
13.8.16″
Sorge um den Baumbestand in Witten?
Am 11.8.16 schreibt die WAZ auf der Basis einer Pressemitteilung des bürgerforums, das bürgerforum würde sich Sorge um den Baumbestand in Witten machen. Es schlage Obstbäume für die zu fällenden 75 kranken Eschen vor. Eine öffentliche Diskussion sei von Seiten der Fraktion bürgerforum erwünscht.
Dazu möchte ich feststellen:
– Die Pressemitteilung ist nicht mit mir abgesprochen.
– Hintergund der Pressemitteilung ist eine von mir unterzeichnete Anfrage (s.u.*), auf die noch keine Antwort vorliegt.
– Zur Sorge um „den Baumbestand in Witten“ besteht aus meiner Sicht kein Anlass. Bekanntlich sind Ersatzpflanzungen vorgesehen. Ich gehe davon aus, dass diese in sinnvoller Weise mit ökologisch wertigen Bäumen auch vorgenommen werden.
– Was die Frage der Obstbäume betrifft, geht es mir nicht um einen generellen Ersatz der kranken Eschen durch Obstbäume unabhängig vom Standort, sondern um Ersatzpflanzungen an Orten (Parks und Grünanlagen), wo die Anpflanzung von Obstbäumen möglicherweise unproblematisch ist.
– Darüber hinaus ist mir unklar, worüber zum gegenwärtigen Zeitpunkt öffentlich diskutiert werden soll: Eine Antwort auf die Anfrage (s.u.*) liegt mir wie gesagt noch nicht vor. (mehr …)
Kein Ruhmesblatt
Normalerweise berichtet die Wittener Presse über eine Ratssitzung. Über die letzte am 4.7.16 nicht. Das ist auch gut so, weil diese Sitzung mit Sicherheit kein Ruhmesblatt in der Geschichte des Wittener Rates war. Mensch stelle sich vor (ich habe schon in meinem Beitrag „Rätselhaft“/23.6.16 darauf hingewiesen): Der Rat beschließt in der vorherigen Sitzung massive Steuerhöhungen, ohne über auf der Tagesordnung stehende sog. Kompensationsmöglichkeiten auch nur zu beraten (die standen im Übrigen auch schon auf der Tagesordnung der Ratssitzung vom 29.9.15!).
Damit waren und sind die Steuererhöhungen Teil des Haushaltsplans 2016 und Basis einer ersehnten Genehmigung des Haushalts: No way back! Gleichzeitig beschloss dieser Rat, die Beratung und Beschlussfassung über Kompensationsmöglichkeiten auf die nächste Sitzung zu verschieben. Weil es nach Beschluss über die Steuererhöhungen natürlich nichts mehr zu kompensieren gab, war schon diese Verschiebung ein Posse. Und tatsächlich: Der TOP 2 „Haushaltssanierungsplan 2016/Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen“ findet sich wieder auf der Tagesordnung der Ratssitzung am 4.7.16, obwohl es nichts mehr zu kompensieren gab.
Die einzig richtige Reaktion auf diese Situation hätte darin bestanden, den TOP von der Tagesordnung zu nehmen und über Einnahmeerhöhungen und/oder Sparmaßnahmen – denn darum handelte es sich bei den „Kompensationsmöglichkeiten“ – nach Einbringung des nächsten Haushalts 2017 und dem dann vorliegenden aktuellen Zahlenwerk zu beraten. Stattdessen wird ein dahin gehender Antrag der Linken abgeschmettert mit der Folge einer stundenlangen Beratung und Beschlussfassung – ohne Grundlage (weder Zahlen noch Alternativrechnungen für zur Beratung anstehende Szenarien, die eine vernünftige Abwägung gestattet hätten). Schlimmer gehts’s eigentlich nimmer. (mehr …)
Geht’s noch?
Dass die Untere Bahnhofstraße seit Jahren ein Problem der Innenstadtentwicklung ist, dürfte nichts Neues sein. Siehe dazu meine Beiträge „Untere Bahnhofstraße – wie weiter?„/11.7.16 und „Defensivaktionen helfen wenig gegen selbst verursachtes Trading Down*“/8.5.13. Die Ursachen liegen aus meiner Sicht im wesentlichen in zurück liegenden planerischen Fehlentscheidungen, die die Kundenströme um- und abgelenkt haben (via Kaufland und Stadtgalerie). Wo Menschen kein Motiv haben hinzugehen, da haben es eben Einzelhandel und Gastronomie schwer.
Insofern wird das Problem – wenn überhaupt – nur zu lösen sein, wenn es gelingt (ich kann mich nur wiederholen), erneut einen Frequenzbringer im Bereich des ehemaligen Novum-Kaufhauses anzusiedeln.
Nicht zur Problemlösung beitragen wird mit Sicherheit (ganz unabhängig von bestehenden baulichen Hindernissen wie der Straßenbahn und der Straßenbahnhaltestelle) eine Freigabe des Fußgängerzonenabschnitts von der Breddestraße zur Kreuzung Bahnhofstraße/Breite Straße/Bergerstraße für den Durchgangsverkehr (Einbahnstraße) – siehe dazu WAZ vom 19.7.16: „Autos könnten durch die Fußgängerzone rollen“.
Denn was soll das bringen? Verflüssigung des Verkehrs? Wo soll der herkommen? Sollen Nordstraße/Breddestraße und die Poststraße durch zusätzlichen und vollkommen überflüssigen Umwegverkehr belastet werden? Soll das kleine, jetzt noch relativ ruhige Platzareal Ende Breddestraße/Bahnhofstraße durch Durchgangsverkehr verlärmt und verstänkert werden? Ade Idee Breddeviertel? (mehr …)
Untere Bahnhofstraße – wie weiter?
Auf der letzten ASU(Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz)-Sitzung am 23.6.16 haben SPD/CDU einen Antrag zur Unteren Bahnhofstraße* eingebracht, der beschlossen worden ist.
→ Antrag: Antrag untere Bahnhofstraße
Auch ich habe diesem Antrag zugestimmt. Einen Versuch ist es schließlich wert. Ob der Einsatz von Personal allerdings etwas hilft, ist zumindest fraglich. Denn die problematische Situation der Unteren Bahnhofstraße ist aus meiner Sicht durch strukturelle planerische Fehlentscheidungen in der Vergangenheit verursacht worden – im Wesentlichen durch die Ansiedlung von Kaufland an der Breite Straße 2004, nicht der späteren Ansiedlung der Stadtgalerie, wie im Antrag suggeriert. Ich habe die Ansiedlung von Kaufland damals als „goldenen Schuss“ für die Untere Bahnhofstraße bezwichnet und hatte wohl recht.
Zu den strukturellen Fehlentscheidungen siehe mein Beitrag Defensivaktionen helfen wenig gegen selbst verursachtes Trading Down*/8.5.13. Denn es liegt doch auf der Hand: Ohne Motive für Kunden und Käufer keine Frequentierung der Unteren Bahnhofstraße, und ohne Frequentierung keine Entwicklung, sondern weiterhin Leerstände und Verödung.
Das ist das entscheidende Problem, das Politik, Verwaltung und der jetzt hoffentlich auf die Spur gebrachte Kümmerer lösen müssen. Dieses Problem kann nur gelöst werden (ich kann es nur wiederholen), wenn es gelingt, am neuralgischen Punkt – dem jetzt leer stehenden ehemaligen Novum-Kaufhaus – wieder einen Frequenzbringer zu etablieren. (mehr …)
Kleine Hunde
Es heißt „Kleine Hunde bellen am lautesten“. Mensch sagt auch, dass Hunde die Größe ihrer Artgenossen nicht einschätzen können. Es sei dahin gestellt, ob das stimmt, jedenfalls wird gewöhnlich Menschen mehr Zurückhaltung und Einschätzungsvermögen unterstellt. Auf die Wittener Piraten scheinen weder Zurückhaltung noch Einschätzungsvermögen zuzutreffen.
Diese politische Formation hat offensichtlich Schwierigkeiten, zu zählen und sich selbst richtig zu verorten. Schlagen die Wittener Piraten doch tatsächlich in einem WAZ-Artikel (WAZ 27.6.16: „Piraten für Fusion der Kleinen“) vor, die Kleinen im Wittener Rat – sie meinen die Wählergemeinschaften bürgerforum, WBG und Witten direkt – sollten sich zusammen schließen, um den Bürgerinnen und Bürgern Kosten zu ersparen.
Erstens besteht die Fraktion bürgerforum aus 7 Mitgliedern und ist damit die viertstärkste Fraktion im Rat; Grund: Wahlergebnis; zweitens stellen die Piraten mit 2 Ratsmitgliedern eine Minifraktion dar und gehören damit mit Sicherheit zu den echten Kleinen; Grund: Wahlergebniss bei den Kommunalwahlen 2014 – 1 Mandat auf Grund der Wählerstimmen und 1 Überhangmandat durch die SPD; und drittens: Was hindert eigentlich die kleinen Piraten, sich mit anderen echten Kleinen zwecks Kostenersparnis zusammen zu schließen? Die Partei? Die gibt’s doch gar nicht mehr, wie aller Wahrscheinlichkeit die nächsten Landtagswahlen zeigen werden.
Und was die Bürgermeisterwahlen betrifft, empfehle ich auf Grund langjähriger Erfahrung, wegen fehlender Alternativen geparkte Stimmen – wenn nicht als Alternative Nichtwahl, und die gab’s ja hinreichend – nicht als originäre Zustimmung zu werten. Sonst sind womöglich unangenehme böse Überraschungen bei den nächsten Kommunalwahlen 2020 vorprogrammiert.