GroKo: Jetzt getrennt marschieren, …?
Am 12.2.20 vermeldet die WAZ „GroKo beendet ihre Zusammenarbeit“. Herr Augstein-Peschel findet die Trennung überraschend, ich nicht. Für die jetzige Trennung gibt es zwei Motive: Erstens sind die die GroKo bildenden kommunalen Parteien (SPD und CDU) natürlich Einflüssen der Bundes- und Landespolitik ausgesetzt, und da zeichnen sich stärker werdende Differenzen ab. Und zweitens stehen im September diesen Jahres in Witten Kommunalwahlen an, die ein irgendwie geartetes Eigenprofil der bisher an der GroKo-Einheit beteiligte Parteien erfordern. Sonst wüsste ja die Wählerin/der Wähler kaum, warum sie/er SPD oder CDU (heißt: die jeweiligen Kandidat_innen n den Wahlbezirken) wählen soll. Beide kann er schließlich nicht wählen.
Mit der Erfolgsbilanz der 6-jährigen Amtszeit will ich mich hier nicht auseinandersetzen. Da ist sicher einiges passiert, mit dem ich nicht einverstanden war. Nur als prominentes Beispiel: Die klimaschutzschädliche Aufweichung der Baumschutzsatzung. Richtig ist sicher, dass es sich um eine „Vernunftehe“ gehandelt hat. Denn angesichts der Wahlergebnisse und des Tohuwabohus der sog. Opposition wäre die Herstellung von Ratsmehrheiten in schwere Wasser geraten. Für die Stadt sicher nicht zuträglich. Ein paar Punkte an der „Erfolgsbilanz“ möchte ich aber doch richtig stellen:
Stärkungspakt: Wie Herr Noske auf 70 Mio. Zuschuss aus dem Stärkungspakt kommt, ist mir ein Rätsel. Witten war eine der wenigen Städte in NRW, die pflichtig dem Stärkungspakt (übrigens ein Programm aus der rot-grün Phase in NRW) beitreten mussten*, weil die Stadt seit 2010 überschuldet war (kein Eigenkapital mehr). Der jährliche Zuschuss von 2011 bis 2016 belief sich auf 7,2 Mio. €, dann 2017 degressiv ca. 5,6 Mio., 2018 ca. 4 Mio., 2019 ca2,7 Mio. und 2020 ca. 1,3 Mio. €. 2021 muss der Haushalt ohne Zuschuss ausgeglichen sein. Das macht nach meiner Rechnung über die Jahre nicht 70 Mio., sondern ca. 49,6 Mio.**. (mehr …)
Holzbauweise – nachhaltig und klimaneutral?
Am 18.12.19 berichtet die WAZ über einen Grünen Antrag (KiTas und Schulen in Holzbauweise_55_V16), der die Stadt verpflichten soll, mehr mit Holz zu bauen (WAZ Online 17.12.19: „Witten: Grüne fordern mehr öffentliches Bauen mit Holz“ Witten_ Grüne fordern mehr öffentliches Bauen mit Holz). Die Bauweise soll „nachhaltig“ und „klimaneutral“ sein. Dieses Argument tauchte auch schon im Zusammenhang des Uni-Neubaus auf, der in Holzbauweise erstellt wird (Zitat WAZ: „Das Gebäude soll dann zu den nachhaltigsten Hochschulbauten in Deutschland zählen“.). Nun mag ja die Holzbauweise günstiger und schneller fertig sein, wie die WAZ die Stadtsprecherin aus 2018 zitiert, aber nachhaltig und klimaneutral? Das ließ mich schon bei dem geplanten Uni-Neubau* stutzen. Sehen wir genauer hin.
Ich gehe davon aus, dass für das verarbeitete und verbaute Holz Bäume gefällt werden müssen. Diese Bäume waren vor Fällung lebendig und speicherten CO2. Nach Fällung waren sie tot und haben CO2 gespeichert, das bei Verrottung oder Verbrennung wieder in die Atmosphäre abgegeben würde.
Wo bleibt da die Klimaneutralität? Die Fällung vernichtet erst einmal eine laufende CO2-Speicherung und wäre nur dann klimaneutral (nicht klimaschützend!), wenn die gefällten Bäume 1 zu 1 – also in entwickeltem Zustand – ersetzt würden. Darüber hinaus ist die Klimaschädigung durch CO2-Freisetzung nur in die Zukunft verschoben worden, weil auch Holzbauten bekanntlich nicht ewig dauern.
Hinzu kommt, dass die „nachwachsenden Rohstoffe“ (ich hasse dieses Wort: Der Wald nur als Rohstoff!) produziert werden müssen. Und wie? Im Rahmen eines „Wildniswaldes“, wie die Grünen vor kurzem noch beantragt haben (Grüner Antrag: Ergaenzung_Wildniswald_51_V16_09_09_2019, FSC-Prinzip: FSC Prinzipien)? Der WAZ Artikel verweist in einem Kasten darauf, dass die Fichte (Baumplantagen!) am häufigsten für den Hausbau benutzt würde. Deren Bestand würde aber wegen des Klimawandels zurück gehen. (mehr …)
Verwaltungsversagen – eine Ausnahme in Witten?
Bei Wittener Bürger_innen dürfte der Eindruck verbreitet sein, dass es sich bei der (im Städtevergleich immer noch besonders personal- und personalkostenintensiven) Wittener Stadtverwaltung nicht unbedingt um ein leuchtendes Beispiel für Effizienz handelt. Eher dürfte das Gegenteil der Fall sein. Hauptgrund: Jahrzehntelanger Verwaltungswildwuchs ohne durchgreifende Reformen. Reformversuche sind von dieser Verwaltung immer wieder erfolgreich abgewehrt worden. Auch unter der mittlerweile 15jährigen Amtsausübung der Bürgermeisterin Leidemann kann mensch bzgl. Verwaltungsreform (trotz dringender Hinweise des Gemeindeprüfungsamts) nur feststellen: Still ruhte der See – obwohl die Bürgermeisterin qua Organisationshoheit gemäß Gemeindeordnung für Reformen zuständig gewesen wäre.
Wohin das führen kann, zeigt folgendes Vorkommnis, das ich nicht für eine Ausnahme halte. Das Vorkommnis macht auch deutlich, dass es neben den Problembereichen der Verwaltung auch Verwaltungseinheiten gibt, die gut arbeiten. Dies sei hier ausdrücklich anerkannt*:
Ein Baum wird gefällt. Bürger, unterstützt von der Fraktion Piraten, bezweifeln die Notwendigkeit der Fällung. Die Piraten stellen daraufhin eine Anfrage: 1. Anfrage Piraten: 19-09-23 AF PIRATEN Anstehende Fällung einer geschützten Rotbuche in der Friedrich-Ebert-Straße; Antwort der Verwaltung: Anfrage Fraktion Piraten
In der Folge beantragen die Piraten (zusammen mit dem Ratsmitglied Hermann Claßen) Akteneinsicht, die auch gewährt wird. Heraus kommt, dass der Baum nur auf Grund eines vorgeblichen „Kommunikationsfehlers“ dran glauben musste. Daraufhin stellen die Piraten und Herr Claßen folgende Anfrage**: 2. Anfrage Priraten: 19-11-21 AF PIRATEN ua Berücksichtigung des Baumschutzes bei Bauanträgen
Ich bin auf die Antwort gespannt. (mehr …)
Bürgermeister_innen-Wahl 2020: Weiter mit Leidemann?
Am 13.12.19 vermeldet die WAZ, dass die amtierende Bürgermeisterin Sonja Leidemann beabsichtigt, erneut für das Bürgermeisteramt in Witten zu kandidieren („Witten: Kein Gegenkandidat für Leidemann in der SPD in Sicht“ Witten_ Kein Gegenkandidat für Leidemann in der SPD in Sicht). Was ist davon zu halten?
Selbstverständlich kann Frau Leidemann wieder kandidieren – ob als Kanddatin einer Partei (SPD?), von Parteien oder unabhängig (im Gegensatz zu einer normalen unabhängigen Kandidatin oder einem normalen unabhängigen Kandidaten müsste sie keine ca. 350 Unterstützungsunterschriften sammeln, weil sie aus dem Amt kandidieren würde). Kandidiert sie und gibt es konkurrierende Kandidaturen, wird dann die Wählerin/der Wähler entscheiden. Beim letzten Mal hat sie die Wahl gegen ihre Konkurrenten haushoch gewonnen. Allerdings ist sie nur mit ca. 20 % der Wahlberechtigten gewählt worden.
Interessant finde ich die Selbstdarstellung (die Leistungsbilanz). Die WAZ schreibt: „Die Verwaltungschefin zeigt sich noch keineswegs amtsmüde. Sie wolle wichtige Projekte wie die Sanierung von Schulen und Straßen, die Bebauung am Karl-Marx-Platz, die Sanierung der Thyssen Deponie, die ‚Weiterentwicklung unserer Stadt‘ insgesamt fortsetzen und vorantreiben.“
Ja was denn? Frau Leidemann als die große Macherin? Da scheint mir eher eine Art Amtswahn vorzuliegen. Abgesehen davon, dass wohl jede andere Bürgermeisterin/ jeder andere Bürgermeister die genannten Projekte und die ‚Weiterentwicklung unserer Stadt‘ (aber mit welchen Schwerpunkten?) vorantreiben würde, sind diese Projekte doch wohl nur zum geringen Teil ihr Verdienst. (mehr …)
Ein instruktiver Beitrag zur Klimakrise
Ganz ungestört vom politischem Kamikaze (CDU und SPD), von Wahlenttäuschung (Grüne) und sturer Leugnung der menschengemachten Klimakrise (AfD) schreitet diese ( als „Klimawandel“ verharmlost) voran. Die nächsten Hoitzesommer, Tropennächte und Jahrhundertregen werden nicht lange auf sich warten lassen. Deshalb wird die klimaschützende und Schaden begrenzende Vorsorge auch vor Ort immer wichtiger und dringender, wie in einem vom Rat beschlossenen Antrag anvisiert: Siehe dazu mein Beitrag „Klimanotstand: Die Wende? Hoffentlich!“/8.7.19. In diesem Zusammenhang fand ich an unerwarteter Stelle (im Straßenmagazin bodo/Ausgabe 10/19) folgenden instruktiven Beitrag. Hier der Beitrag:
→Tropennächte und Jahrhundertregen 1, Tropennächte und Jahrhundertregen 2, Tropennächte und Jahrhundertregen 3, Tropennächte und Jahrhundertregen 4
Der Beitrag lässt sich auch in der Internet-Ausgabe des bodo, S. 32 -35, einsehen: https://issuu.com/bodoev/docs/bodo_10.19
Kein Monopol auf Kamikaze
Dass die SPD kein Monopol auf Kamikaze hat, machen Karikatur und Kommentar aus der WAZ vom 30.10.19 deutlich:
→ Karikatur „Ring frei zur Wahlanalayse“: Ring frei zur Wahlanalyse
→ Kommentar: „Aus dem Hinterhalt“ (https://www.waz.de/politik/cdu-merz-schiesst-mit-seiner-kritik-aus-dem-hinterhalt-id227506305.html)
Wie steht eigentlich die Wittener CDU zu diesen Ereignissen? Ist sie in der Wittener GroKo-Bräsigkeit eingeschlafen? Oder glaubt sie, auf kommunaler Ebene mit dem Kamikaze nichts zu tun zu haben? Das dürfte ein Irrtum sein: Die Kommunalwahlen 2020 (Bürgermeister_in und Stadtrat) stehen bekanntlich vor der Tür.
Students for future
Jetzt hat sich an der Uni Witten/Herdecke eine Gruppe gegründet, die sich „Students for future“ nennt. Wie diese Gruppe ihre Aufgabe versteht, geht aus dem WAZ-Online-Artikel vom 25.10.19 hervor (https://www.waz.de/staedte/witten/wittener-studenten-unterstuetzen-fridays-for-future-protest-id227467807.html). Nun ist erst einmal jedes Engagement für konsequenten Klimaschutz und jede Unterstützung für „Fridays for future“ zu begrüßen. Mir stellen sich aber doch einige Fragen:
Beabsichtigt die Gruppe, ihr Projekt auf andere Unis auszudehnen? 2. „Fridays for future“ ist eine nationale und weltweite Bewegung. Glauben die Studenten wirklich, es gebe da Beratungs- und Anleitungsbedarf? Ist das nicht etwas von oben herab? 3. Wie sieht die studentische Gruppe ihre Aufgabe in ihren unmittelbaren Nahbereich? Wäre es für „Students for future“ nicht angemessen gewesen, gegen die Abholzung des kleinen Wäldchens im Eingangsbereich der Uni zugunsten eines fehlplatzierten Parkhauses zu protestieren – zumindest lautstark oder/und mit anderen Aktionsformen?
Schließlich geht es beim Klimaschutz nicht nur um die großen Fragen, sondern auch um Probleme der klimaschützenden Stadtentwicklung und Verbesserung von Mikroklimata in Witten (siehe dazu auch mein Beitrag „Panik und Aktionismus sind schlechte Ratgeber„/21.8.19). In der Öffentlichkeit jedenfalls war von einem solchen Protest nichts zu vernehmen.
Kamikaze mit Kapschack
Am 18.10.19 finde ich in der WAZ folgende Notiz: „Kapschack für eine ÖPNV-Modellprojekt“. In dieser Notiz heißt es: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Kapschack begrüßt das von der Bundesregierung beschlossene Klimaschutzkonzept. ….“
So sieht Kamikaze aus, denn es ist doch mittlerweile sonnenklar, dass dieses Konzept nicht einmal im Entferntesten in der Lage ist, eine wirksamen Klimaschutz zu erreichen. Hier die Einschätzung von Campact: „Das große Klima-Versagen – und jetzt?“*. Allerdings gab es auch kritische Positionen in der SPD, wie aus einem Spiegel-Artikel „Willy werden“ (Spiegel Nr. 44, 26.10.19) hervorgeht.
Karl Lauterbach und Nina Scheer waren für konsequenten und wirksamen Klimaschutz. Wie das dann allerdings in der SPD abging, machen folgende Passagen aus dem Spiegel-Artikel deutlich: „Drei Tage später sitzt sie (Nina Scheer/K.R.) mit Lauterbach im Zug von Berlin zur nächsten Konferenz in Braunschweig und ist noch immer fassungslos über den Verlauf der Fraktionssitzung in dieser Woche. Leider habe die Fraktion ein Stück weit den Bezug zur Realität verloren. Es sei ernsthaft erzählt worden, dass das Klimapaket der Bundesregierung nicht so schlecht sei. Der Tenor sei gewesen: Wenn wir zusammenhalten und zu dem Paket stehen, dann werde es schon als Erfolg rüberkommen. Als sie das Paket dann kritisiert habe, als Einzige, sei man ihr regelrecht ins Gesicht gesprungen. ‚Ich habe so was noch nie erlebt.’“
Instruktiv ist auch folgendes Zitat: „Auf der Bühne kritisiert Scheer dann Olaf Scholz für das Klimapaket der Regierung. Man solle nicht so tun, als sei das gut, was man erreicht habe. Scholz steht neben ihr und lächelt, wie er all die 23 Veranstaltungen durchlächelt, freundlich und entrückt. Er zeigt keinerlei Regung. Zu den meisten Konferenzen hätte er auch einen Papp-Olaf schicken können. Es hätte keine großen Unterschied gemacht.“
Wagenburgmentalität mit Kamikaze-Effekt und Mobbing, und Herr Kapschack war offenbar beteiligt. Dass das so mit einer Erneuerung der SPD nichts werden kann, scheint mir offensichtlich zu sein. (mehr …)
Wohnbauland: Und wieder eine falsche Aussage!
Am 29.10.19 finde ich in dem WAZ-Artikel „Stadt sucht dringend Bauland“ (https://www.waz.de/staedte/witten/stadt-witten-sucht-haenderingend-bauland-id227494993.html) folgende Aussage: „Das Ziel ist klar: Bis 2030 müssen in der Stadt 900 neue Wohnungen und 700 neue Eigenheime entstehen, damit Wittens Einwohnern. in elf Jahren noch genug Wohnraum zur Verfügung steht. So wurde es im 2018 beschlossenen „Handlungskonzept Wohnen“ fest geschrieben.
Diese Aussage ist schlicht falsch. Siehe dazu meine Beiträge „1600 neue Wohnungen und Häuser bis 2030?“/11.6.18 und „Kein Handlungskonzept, sondern unverbindliches Potpourri“/22.6.18. Sie wird auch nicht richtiger durch permanente Wiederholung. Was von dem „klaren Ziel“ zu halten ist, macht meine Einschätzung aus dem Beitrag “1600 neue Wohnungen …“ deutlich:
„Fazit: Die oben genannte Zahl ist nicht belastbar. Sie basiert nur auf einer von drei Prognosevarianten – der quantitativ ambitioniertesten.
Das Handlungskonzept schlägt vernünftigerweise die Beobachtung der Realentwicklung vor. Vielleicht ist dann bald auch bei der Verwaltungsspitze die Rückkehr zu mehr Bescheidenheit angesagt. Aus meiner Sicht wäre diese Bescheidenheit nur wünschenswert, weil massiver Neubau auch mit problematischen Nebenwirkungen verbunden ist: z. B. Flächenverbrauch und Versiegelung.
Abschließend meine Empfehlung an den Stadtbaurat und die Bürgermeisterin: Nicht immer gleich in die Vollen. Dann kann mensch sich auch nicht blamieren, wenn die Zahlen nicht eingehalten werden.“
In der Sache falsch
In der WAZ vom 25.10.19 finde ich folgenden Leserbrief von Herrn Gerhard Keller:
„Keine Volkspartei/Tempolimit auf Autobahnen: Auf Empfehlung des Verkehrsausschusses hat der Bundestag mehrheitlich am 17.10.2019 die Einführung dieses Tempolimits (Tempo 130 /K.R.) abgelehnt. Der Empfehlung des Verkehrsausschusses hat auch Bundestagsmitglied Ralf Kapschack zugestimmt. Eine Partei, die den Willen der Mehrheit ihrer Basis nicht vollzieht, ist keine Volkspartei. Ich schlage vor, Herrn Kapschack einmal zu interviewen, wie er seine Gewissensentscheidung vor der Parteibasis und der Mehrheit der Bevölkerung (über 60 %) rechtfertigt.“
Im Kern kann ich Herrn Keller nur Recht geben. Was mag wohl den Wittener SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Kapschack geritten haben, dem Tempolimit 130 für deutsche Autobahnen nicht zuzustimmen? Ob er auch der Auffassung von Herrn Scheuer ist, dass eine derartiges Tempolimit gegen jeden Menschenverstand gerichtet sei, wo doch im Gegenteil von der Sache her alles für ein Tempolimit spricht? Siehe dazu mein Beitrag „Gegen jeden Menschenverstand?“/5.3.19): „Dabei ist es aus meiner Sicht genau anders herum: Der Verzicht auf ein Limit ist eigentlich gegen jeden aufgeklärten Menschenverstand – wenn Vorsorgeprinzip und Risikobegrenzung ernst genommen werden.“
Den Hinweis von Herrn Keller auf eine Parteibasismehrheit und eine Mehrheit der Bevölkerung halte ich allerdings für fragwürdig. Natürlich ist eine Umfragemehrheit von 60 % zu begrüßen, aber selbst wenn diese nicht vorhanden wäre, sollten in erster Linie Sachargumente und keine volatilen Umfragemehrheiten bei Entscheidungen von Bundestagsabgeordneten den Ausschlag geben. Aus guten Gründen kennt das Grundgesetz kein imperatives Mandat – weder einer Parteibasis noch irgendwelcher anderen Mehrheiten. Eine andere Regelung würde auch mit Sicherheit wegen der Schwierigkeit legitimer und verbindlicher Mehrheitsfindung zum politischen Tohuwabohu führen.
Herr Kapschack ist zu kritisieren, nicht weil er einer fiktiven Parteibasis oder Mehrheit nicht entspricht, sondern weil sein Votum gegen Tempolimit 130 dazu beigetragen hat, Schlechtes nicht zu beenden: Die hemmungs- und rücksichtslose Raserei auf deutschen Autobahnen gefährdet das Klima, die nicht rasenden Verkehrsteilnehmer_innen und natürlich auch die Raser_innen selbst. Wer Rennen fahren möchte, sollte die dafür vorgesehenen Rennstrecken benutzen. Autobahnen eignen sich nicht dazu.