Aufwandsentschädigung Fraktionsvorsitz: Auch nicht schlecht, Frau/Herr Specht!

Was haben eigentlich die Fraktionsvorsitzenden der sog. Oppositionsfraktionen* in den vergangenen 6 Jahren an Aufwandsentschädigung bezogen und wie viel an Aufwandsentschädigung für diese Funktion würde möglicherweise in den nächsten 5 Jahren anfallen?

Eine Fraktionsvorsitzende/ein Fraktionsvorsitzender bekommt – Grund (?): besondere Belastung und Koordinationsaufwand – monatlich das Dreifache der einfache Aufwandsentschädigung eines Ratsmitglieds. 2014 lag die einfache Aufwandsentschädigung bei 351,60 € und hat sich bis 2020 mit einer Zwischenetappe (2016/17: 386,80 €) auf 400 € monatlich gesteigert. Meine überschlägige Rechnung ergibt – unter Berücksichtigung der Etappe – rd. 88.546 € in 6 Jahren von Beginn der Wahlperiode bis zum Ende (vor Steuer – Aufwandsentschädigungen sind nur zum Teil steuerpflichtig – und Abführung von Sonderbeiträgen** an die jeweiligen Organisationen): Tabelle unten.

Würden die Wahlergebnisse und Mandate bei den anstehenden Wahlen gleich bleiben (einschließlich der Überhangmandate, die beim letzten Mal nur durch das gute Abschneiden der SPD – diese hatte alle Direktmandate erobert – zustande gekommen sind), würde pro Fraktionsvorsitz – die Namen können sich natürlich ändern – mindestens eine Summe von 72000 € anfallen. Weitere Anhebungen der Aufwandsentschädigung im Laufe der nächsten 5 Jahre sind zu erwarten.

Trotz Steuer und Abführung doch eine erkleckliche Summe – vor allem, wenn mensch den doch wohl verminderten Koordinationsaufwand bei den Minifraktionen (2 Mitglieder) berücksichtigt: Ein Koordinationsaufwand, der sich noch weiter durch einen Zuschuss zur Fraktionsgeschäftsführung in Höhe von ca. 10.000 € redizieren dürfte.

Aber auch bei den größeren Oppositonsfraktionen dürfte der Job nicht sehr schweißtreibend sein, denn es gibt ja noch Geld für hauptamtliche Fraktionsgeschäftsführungen. Dr. Schmelzer z.B. beziffert seinen Arbeitsaufwand in einem facebook-Video des bürgerforums auf 20 Minuten/Woche (macht ganze 80 Stunden in 6 Jahren!***). In dieser Zeit dürften nicht einmal die Verwaltungsvorlagen gelesen, geschweige denn bewertet und hinterfragt werden können!

Ob dadurch die gegenwärtige Plakatierungsmania mit motiviert ist?

Hier eine Tabelle mit den jeweiligen Aufwandsentschädigungen:

Zurückl. Wahlperiode (6 Jahre)/in € Wahlergebnis 2014 Künftige Wahlperiode (5 Jahre)/in €
Legel-Wood rd. 88.546 4889 Stimmen mind. 72.000
Dr. Schmelzer (bürgerforum) rd. 88.546 3937 Stimmen mind. 72.000
Weiß (Linke) rd. 88.546 2231 Stimmen mind. 72.000
Richter (Solidarität für Witten)**** ca. 74.818,8 keine erneute Kandidatur für Solidarität für Witten

(Ergänzung 7.11.20: Richter hat bei der Kommunalwahl 2020 für das neue Bürgerforum kandidiert und ist jetzt Ratsmitglied des neuen Bürgerforums)

Schmidt (Pro NRW)***** ca. 58.166,4 1053 Stimmen keine erneute Kandidatur
Brömmelsiek (WBG) rd. 88.546 838 Stimmen mind. 72.000
Löpke (Piraten) rd. 88.546 792 Stimmen mind. 72.000
Fröhlich (FDP) rd. 88.546 836 Stimmen mind. 72.000
Günzel (Witten direkt) rd. 88.546 448 Stimmen mind. 72.000
Kosten für Steuerzahler rd. 752.807,2 mind. 504.000

*Direkt in Fraktionsstärke in den Rat gewählte: Grüne (mit Überhangmandat 9 Mitglieder), bürgerforum (mit Überhangmandat 7 Mitglieder), Linke (mit Überhangmandat 4 Mitglieder), Pro NRW (2 Mitglieder), durch Überhangmandat die Fraktionsstärke erlangt: WBG (2 Mitglieder), Piraten (2 Mitglieder), FDP (2 Mitglieder), durch einen Übertritt die Fraktionsstärke erlangt: Witten direkt (2 Mitglieder).

**Zur Angelegenheit Sonderbeiträge siehe mein Beitrag „‚Sonderbeiträge‘ von Ratsmitgliedern an Parteien und Wählergemeinschaften – Was ist davon zu halten?„/28.12.18.

***Aber dafür gibt es ja dann die vielfältigen Kontakte zu Mitgliedern anderer Fraktionen (Video) – im Praxisgespräch (?). Eine bequeme, aber nicht sehr transparente und eigenständige Form von Politik!

****Die Fraktion „Solidarität für Witten“ (3 Ratsmitglieder) hat sich erst nach der Bürgermeister_innen-Wahl im September 2015 aus eine Abspaltung der SPD gebildet. Der bis zum Ende dieser Wahlperiode amtierende Fraktionsvorsitzende von „Solidarität für Witten“ Richter war vorher von Beginn der Wahlperiode 2014 bis zu seinem Austritt aus der SPD-Fraktion Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion und hat in dieser Funktion (als Vorsitzender einer Fraktion, die über 10 Ratsmitglieder zählt) monatlich das Vierfache der einfachen Aufwandsentschädigung bezogen (siehe dazu auch mein Beitrag „Was kostet den Steuerzahler der Wittener Rat?“/14.5.13). Richter kandidiert jetzt für das bürgerforum.

*****Die Ratsmitglieder von Pro NRW haben erst am 20.8.16 eine Fraktion gebildet.