Wittener Piraten: (Hoffentlich) gut gemeint, schlecht gemacht

Vor Kurzem erreichte mich folgende Anfrage zu einem zurückliegenden Ergänzungsantrag der Piraten (Bezug: Beschlussvorlage der Verwaltung: Vorlage), die ich beantwortet habe. Hier der Antrag der Piraten: Piraten Bürgerbegehren. Zur Problematik des Ratsbeschlusses siehe meine Interpretation in der Antwort*. Der Antrag der Piraten, falls er beschlossen worden wäre, hätte die Problematik noch verschärft. Der Antrag macht aus meiner Sicht deutlich, wie groß die Unsicherheit mancher Wittener Ratsfraktionen in formalen Angelegenheiten ist. Immerhin sitzen auch die Piraten mittlerweile 6 Jahre im Rat.

Anfrage/Am 24.06.2020 um 22:23 schrieb xxx: Hallo Klaus, sag mal, zum Piraten-Antrag zur Prüfung von Bürgerbegehren. Habe ich das falsch in Erinnerung, dass die Verwaltung bislang immer freiwillig geprüft hat, ob der Entscheid zulässig war, und die Initiator_innen vorgewarnt hat, wenn was falsch war? Oder hat man die Initiator_innen ins offene Messer laufen lassen? Du bis da doch unser Profi.   Danke xxx

Hier meine Antwort: Hallo xxx, nach GO (§ 26, Abs. 2: „Die Verwaltung ist in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft ihren Bürgern bei der Einleitung eines Bürgerbegehrens behilflich“) ist die Verwaltung angehalten, die Initiator_innen zu beraten. Das setzt die Bereitschaft der Initiator_innen voraus, sich beraten zu lassen. Sie müssen sich nicht beraten lassen und können auch ohne Beratung oder deren Berücksichtigung Unterschriften sammeln. Ich gehe davon aus, dass in unserem Fall eine Beratung stattgefunden hat und auf die Unzulässigkeit hingewiesen worden ist.

Zur Zulässigkeit: Das juristische Problem in unserem Fall war der „Verwaltungsakt“, als den die Verwaltung den Ratsbeschluss interpretiert hat**. Ohne förmlichen Verwaltungsakt hätte sich natürlich der Rat – nicht abschließend – meiner Meinung nach räuspern können, ob er das Bürgerbegehren für zulässig hält oder nicht – aus meiner Sicht in erster Linie, um die (im Vertrauen auf die Wirksamkeit/Ergänzung 9.7.20) Unterschrift Leistenden nicht ins offene Messer laufen zu lassen. So habe ich den Ratsbeschluss z.B. interpretiert.

Allerdings kann der Rat natürlich nicht vor Vorlage und Prüfung der Unterschriften abschließend über die Zulässigkeit entscheiden.Insofern lag das Verwaltungsgericht mit seiner Position, der Rat hätte nicht abschließend (Verwaltungsakt) über die Zulässigkeit entscheiden können, richtig. Deshalb ist die Formulierung in dem Piraten-Antrag „legt unverzüglich zur Entscheidung vor“ (nach Prüfung) natürlich Unsinn. Der Beschluss einer solchen Formulierung wäre rechtswidrig. Ein solcher Beschluss müsste aus meiner Sicht durch die BM als untere Kommunalaufsicht unmittelbar kassiert werden.

Das Bürgerbegehren Kornmarkt wäre selbstverständlich allein schon wegen der Verfristung unzulässig.

Grüße Klaus

*Siehe dazu auch mein Beitrag „Witten – ein Narrenhaus?“/9.5.20.

**Aber Ergänzung 10.7.20: Ratsbeschlüsse keine Verwaltungsakte!

Auszug aus juracadamy:

„Rechtlich betrachtet ist ein Beschluss (des Rates/K.R.) im Regelfall kein Verwaltungsakt, da ihm als gremiumsinterne Maßnahme die Außenwirkung fehlt. Beschlüsse erlangen aber dann Außenwirkung, wenn sie durch den Bürgermeister umgesetzt werden…..“

Auszug aus WikipediA/Der Gemeinderat (Deutschland):

„… Der Bürgermeister führt die Beschlüsse des Gemeinderats aus. Die Beschlüsse erlangen mit dem Vollzug durch den (Ober-)Bürgermeister Außenwirkung. Die Beschlüsse sind keine Verwaltungsakte***, sondern stellen eine interne Willensbildung dar. Eine Ausnahme hiervon bilden Beschlüsse, die keines Umsetzungsaktes bedürfen, zum Beispiel eine Straßenumbenennung.“

***Auszug aus WikipediA: Verwaltungsakte:

„Der Verwaltungsakt, abgekürzt VA, stellt im deutschen Verwaltungsrecht eine Handlungsform der öffentlichen Verwaltung dar. Bei einem Verwaltungsakt, oft als Bescheid bezeichnet, handelt es sich um eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls. Durch ihn werden abstrakt-generelle Gesetze im Einzelfall vollzogen ….“