Hopfen und Malz verloren?/Programmentwurf Finanzen

Weiter geht’s. Hier der Programmentwurf zu Finanzen (Meine Bewertung und Kritik in Rotfärbung). Der Entwurf ist geprägt durch falsche Analysen und nicht haltbare Versprechungen: Was für ein unausgegorenes Gebräu! Auch dieser Programmentwurf ist nicht tragfähig.

Finanzen

Die Coronakrise hat eine geringere Wirtschaftsproduktion ausgelöst und diese zieht eine Haushaltskrise nach sich, weil die enormen milliardenschweren Kosten von Kurzarbeiter- und Überbrückungsgeldern, von Krediten und Bürgschaften samt der geringeren Steuereinnahmen zu einem höheren Schuldenberg des Staates und auch Wittens führen muss (Hier wird dem möglichen Anwachsen der Schulden schon vorgegriffen. Tatsächlich wird die Coronakrise erst einmal zu einem Rückgang der Einnahmen führen. Zu einem Anstieg der Schulen wird das nur dann führen, wenn der Rückgang nicht durch Kompensationsmaßnahmen von Bund und Land und einer Schuldenübernahme ausgeglichen werden).

Der Wittener Kämmerer beziffert den Schaden auf 50 Millionen Euro (Er beziffert aktuell den Schaden auf 25 Mio. €). Die städtische Finanzlage ist aber bereits jetzt äußerst problematisch und wird durch die Krise noch verschärft.

 Die schon lange geforderte Entschuldung der Städte und Kommunen ist jetzt dringender denn je notwendig (Die Schulden und die mit ihnen verbundenen Zinsen sind im Augenblick nicht entscheidend für die Haushaktskrise. Laut Aussage des Kämmerers stellen die Zinsen nur nur einen relativ geringen Teil der Kostenbelastung des Haushalts dar: Siehe auch dazu mein Beitrag „Wittener Haushaltskrise – Rettungsschirme ohne Ende?„/27.5.2020. Die Gefahr bei den Zinsen liegt im Risiko möglicher zukünftiger Zinssteigerungen).

1. Steuern

Durch den Hebesatz von 910 Punkten ist Witten bundesweit mit die teuerste Kommune was die
Grundsteuer B angeht. Auch die Gewerbesteuer ist mit 520 Punkten höher als in den Nachbarstädten und der Region. Hier zahlen Wittener zu hohe Steuern. Die Stadtverwaltung und der Stadtrat konnten nur auf diese Weise den Sparkommissar verhindern und nicht anders die negativen Folgen der Altschulden kompensieren (Das ist schlichter Unsinn. Die Erhöhung der Steuern hatte nichts mit den „negativen Folgen der Altschulden“ zu tun. Grund war vielmehr, dass die Ausgaben die Einnahmen erheblich zu überschreiten drohten, also ein sich abzeichnendes Defizit = nicht ausgeglichener Haushalt und eine damit verbundene Nichtgenehmigung des Haushalts. Da der Stärkungspakt – um eine ausufernde Neuverschuldung zu vermeiden – und die GO NRW einen ausgeglichenen Haushalt als Voraussetzung für eine Genehmigung vorschreiben, ist der Bürgerin/dem Bürger durch Steuererhöhung in die Tasche gegriffen worden. Übrigens ist der auslaufende Stärkungspakt eine durchaus erfolgreiche Schuldendämpfungsmaßnahme gewesen).

Diese Altschulden, die Witten angehäuft hat, belaufen sich auf rd. 350.000.000 €, hervorgerufen durch die Übernahme von landes- und bundesweiten Aufgaben (Auch das ist schlichter Unsinn. Diese übernommenen Aufgaben haben vielleicht die Konsolidierung schwieriger gemacht, gehören aber nicht zu den über Jahrzehnte Schulden und Kosten treibenden Faktoren. Sonst wäre es rätselhaft, warum andere Städte in auch NRW viel besser mit den übernommenen Aufgaben fertig geworden sind).

Dafür zahlen aber weder NRW noch der Bund das entsprechende Geld. u 3-Kosten und unzureichende Gelder für die Unterbringung von Flüchtlingen sind konkrete Beispiele.

Ein Großteil ist aber auch der selbstgemachten Misswirtschaft durch viel zu hohe Ausgaben Wittens in den 80er und 90er Jahren zuzurechnen. Diese Altschulden liegen komplett in der Verantwortung der großen Parteien, SPD, CDU, FDP und GRÜNEN, sowohl auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene (Plötzlich gibt es doch eine „selbstgemachte Misswirtschaft“ – aber nur in den 80er und 90er Jahren? Ja sind denn die Ausgaben nicht auch aktuell viel zu hoch? Und was die Verantwortung anbetrifft: Komplette Verantwortung der großen Parteien, SPD, CDU, FDP und Grüne? Eine steile These. Arme CDU, arme Grüne und arme FDP, die in der angegebenen Zeit gar keinen Zugriff auf die „selbstgemachte Misswirtschaft“ und die „viel zu hohen Ausgaben“ – in welchen Bereichen? – hatten! Denn bis 1999 besaß die SPD die absolute Mehrheit im Rat der Stadt Witten. 1998 gab es die erste rot-grüne Koalition auf Bundesebene).

Das Konnexitätsprinzip, wonach derjenige bezahlt der das jeweilige Gesetz beschließt, muss wieder gelten. Ein Schuldenschnitt, der von diesen Altlasten befreit, ist dringend notwendig, wie vom Städtetag und dem Bündnis „Raus aus den Schulden“ gefordert wird (Zum Konnexitätsprinzip siehe mein Beitrag „Einhaltung des Konnexitätsprinzips – die Rettung“/25.9.2014. Und der sog. Schuldenschnitt ist keiner, sondern nur eine Schuldenübernahme. Die Schulden bwürden bleiben – nur auf einer anderen staatlichen Ebene und müssten vom Steuerzahler aktuell oder in Zukunft bezahlt werden. Nur beiläufig sei daran erinnert, dass wahrscheinlich über den Corona-Rettungsschirm erhebliche Mittel von Bund und Land in den Wittener Haushalt fließen werden und über Stärkungspaktzuschüsse und Förderprogramme in den zurückliegenden Jahren geflossen sind. Auch sei daran erinnert, dass die Kommune Witten verfassungsrechtlich kein Staat im Staat, sondern Teil der Landesverwaltung ist. Deshalb die Hierarchie Witten, Kreis, Bezirk – Kommunalaufsicht!).

Wenn dies endlich von Landes- und Bundesregierung umgesetzt ist, müssen sofort auch die Abgaben für Wittener gesenkt werden (Die Möglichkeit einer Absenkung dürfte davon abhängen, ob trotz Zinsentlastung und „Konnexität“ ein Haushaltsdefizit vermieden werden kann. Das ist aus meiner Sicht auch angesichts der Coronaeinbrüche sehr unwahrscheinlich: Siehe auch dazu mein Beitrag „Wittener Haushaltskrise – Rettungsschirme ohne Ende?„/27.5.2020, und zur Konnexität siehe oben. Insofern sind die folgenden Forderungen schlecht populistisch und ein bloßer Versuch, Stimmen zu fangen).

 Der Hebesatz B, muss auf das Durchschnittsniveau im Ruhrgebiet von etwa 650 Punkten gesenkt werden.

 Ebenso die Gewerbesteuer, die auf das Niveau des EN-Kreises von 490 Punkten zu reduzieren ist.

2. Konsolidierung

Dabei geht die politische Formation X davon aus, dass zur Bewältigung der jetzt vorhandenen städtischen Aufgaben auch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen müssen (Was wird hier unter „vorhandenen Aufgaben“ verstanden? Und was sind „ausreichende Mittel“? Wer definiert „ausreichend“? Die Verwaltung und/oder der Wittener Rat nach Lust und Laune – egal, wie weit die „ausreichenden Mittel“ für „vorhandene Aufgaben“ über den eingesetzten Mitteln vergleichbarer Städte liegen? Benchmarking!).

Wir sind dagegen, weitere Arbeiten einfach outzusourcen, nur um den Staat und die Stadt zu ‚verschlanken‘ und den städtischen Haushalt zu verkleinern. In der Regel wird diese Leistung für uns Bürger teurer, denn schließlich muss der Unternehmer auch Gewinne realisieren, die die Stadt nicht zu erzielen braucht (Das hätte mensch gern präziser. Wo wird denn überhaupt noch outgesourcet? Und stimmt es, dass die Leistung in der Regel teurer wird? Das Gegenteil ist nachgewiesen der Fall, allerdings auf dem Rücken der in den outgesourcten Bereichen Beschäftigten – z.B. Reinigung).

In dem Zusammenhang erscheint das Personal der Stadtverwaltung in Witten bezogen auf die
Einwohnerzahl im Vergleich zu ähnlichen Städten durchweg zu viel. Hier schlagen wir eine Personalumschichtung vor (Wieso wird das Personal durch Umschichtung – wie soll das gehen? – weniger? Oder soll es gar nicht weniger werden? Ist zuviel Personal nicht auch ein Kosten treibender Faktor?).

Denn bei genauerem Hinsehen erfordert gerade die Arbeit im sozialen Bereich notwendige Finanzmittel und einen entsprechenden Personaleinsatz. Das gilt im Besonderen bei der U2- und U3- Betreuung sowie bei Integrationsaufgaben. Da lässt sich nichts sparen (Aber woanders doch? Wie ist diese Weisheit für die anderen Bereiche der Verwaltung begründet?).

Durch höheren Personaleinsatz bei der Beantragung von Fördermitteln könnten möglicherweise dringend notwendige Investitionen getätigt werden (Abgesehen davon, dass die Beantragung von Fördermitteln in Witten ziemlich gut läuft: Wie sieht es mit dem obligaten städtischen Eigenanteil aus? Denn über den Eigenanteil wird Wittener Haushalt belastet, über den Rest nur die Steurzahlerin/der Steuerzahler im Allgemeinen).