Geplante Bebauung gegenüber dem Karl-Marx-Platz: Die grüne Insel muss erhalten bleiben!

Auf städtischen Grundstücken an der Breite Straße gegenüber dem Karl Marx Platz ist eine Bebauung geplant*. Siehe dazu die Vorlage 0839:

→ Vorlage 0839: 0839_V_16_Vorlage

→ Lageplan/Skizze: 0839_V_16_Anlage_1_Lageplan_1_2000_

Ist die Bebauung zu vertreten? Auf den ersten Blick: Ja. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine Win-Win-Situation. Denn geplant ist eine Wohnbebauung für Senioren oder/und Studenten. Win-Win deshalb, weil es einen Bedarf gibt und die Stadt ihre Grundstücke – vor allem einen bisher hauptsächlich von der Stadtverwaltung genutzten Parkplatz – verkaufen kann.

Auf den zweiten Blick ergibt sich für mich allerdings ein Problem. Das Problem ist die in der Machbarkeitsstudie vorgestellte Anordnung des Baukörpers. Die Anordnung hat nach meiner Interpretation der Skizze zur Konsequenz, dass die von mir sog. grüne Insel (erheblicher Baumbestand, der sich als Geschenk der Natur über die Jahre wild entwickelt hat) rasiert würde.

Wäre der Wegfall der grünen Insel irrelevant?

Dazu drei Hinweise:

– Im Handlungskonzept ‚Wohnen Witten 2030‘, S. 96 werden folgende Ziele für ein Leitbild formuliert: „Attraktives, urbanes, grünes und gesundes Wohnen mit kurzen Wegen im mittleren Ruhrgebiet – so lautet die Überschrift des im Rahmen des Handlungskonzepts Wohnen entwickelten Leitbilds für die Wittener Wohnungspolitik.“

– Die Irrelevanz des Wegfalls könnte mit der Möglichkeit von sog. Ersatzpflanzungen von Bäumen begründet werden. Das scheint mit einer hinter dem Baukörper der Machbarkeitsstudie eingequetschten Grünfläche** und zusätzlichen Baumpflanzungen auf dem Karl-Marx-Platz*** anvisiert zu sein. Aber: Erstens würde es lange dauern, bis diese Ersatzpflanzungen groß geworden sind und damit einen wirklichen Ersatz darstellen, und zweitens wären zusätzliche Baumpflanzungen für die Aufenthaltsqualität des Karl-Marx-Platzes immer gut – ganz unabhängig von einem Ersatz.

– Ganz entscheidend sind aber die wahrscheinlichen negativen Folgen des Wegfalls einer weiteren intakten, eben nicht durch Ersatz kompensierbaren Grünfläche für die Gesundheit. Ich zitiere aus einem WAZ-Artikel vom 28.4.18 ‚Klimawandel – NRW-Landesamt warnt vor „Hitzeinseln“‘:

„Besonders betroffen von einer starken Hitzeentwicklung sind laut der Klimaanalyse stark verdichtete und bebaute Innenstädte ohne Grünflächen, hieß es weiter. Durch geringen Luftaustausch, Wärmeabstrahlung von Verkehr und Industrie und Wärmespeicherung von Gebäuden liege dort die Temperatur vor allem in der Nacht oft bis zu zehn Grad Celsius höher als im Umland. Unter solchen „Hitze-Inseln“ litten vor allem ältere und kranke Menschen sowie Kleinkinder. Mögliche Folgen seien Herz-Kreislauf-Probleme, Kopfschmerzen oder Erschöpfung.“

Übrigens wird auf die Gefahr schon in der Begründung zum B-Plan Drei Könige hingewiesen. Dort findet sich der Hinweis auf eine„Beeinflussung des Wärmehaushalts mit der Folge einer Verstärkung der innerstädtischen Wärmeinsel“ durch den B-Plan.

Bleibt die Frage, ob die Win-Win-Situation ohne die beschriebene Problematik erreicht werden kann. Ist das möglich? Es wäre aus meiner Sicht nur möglich durch eine andere Anordnung des Baukörpers (volle Ausnutzung des Parkplatzes für eine Bebauung). Auf diese Weise könnte die grüne Insel erhalten und sogar als kleiner Park aufgewertet werden: eine grüne Umarmung des Karl-Marx-Platzes statt einer „Kante“****.

Für ein „attraktives, urbanes, grünes und gesundes Wohnen in Witten“ wäre diese Lösung sicher ein Vorteil, und ein fähiger Architekt sollte zu einer entsprechenden, qualitativ hochwertigen Umdisposition in der Lage sein.

*Siehe zu diesem Thema auch meine Beiträge „Augen zu und durch?“/21.2.16, „Ein gutes Zeichen?“/4.3.16, „Wohnungsbau am Karl-Marx-Platz?“/10.3.16, „Monopoly?“/19.4.16, „Alternative?“/27.4.16, „Glücklicherweise!“/11.7.16, „Planungswerkstatt Karl-Marx-Platz“/18.3.17

**Grüne Kringel sind noch kein gewachsener und und für ein gesundes Stadtklima hilfreicher Baumbestand.

***“Ergänzende Baumpflanzungen“ in der Vorlage.

****Platzkanten gehören in Witten zum Planerdogma, egal ob’s passt oder nicht. Bei der Bebauung an der Breite Straße passt es evident nicht, denn die Bebauung entsprechend der Machbarkeitsstudie wäre nur mit viel Phantasie eine Kante. Dem Dogma haben die Wittener schon einige Skurrilitäten zu verdanken, z.B. das kostenintensive Dach der Bushaltestelle am Rathausplatz – als Ersatz für eine fehlende Kante, die durch den Bürgerentscheid gegen die vormals geplante Straßenrandbebauung (Rathausanbau) glücklicherweise nicht zustande gekommen ist.