Grüne Kappe?

Auf der letzten ASU (Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz)-Sitzung am 25.1.18 stand die Abstimmung über zwei Anträge zur Elektromobilität in Witten auf der Tagesordnung. Hier die Anträge:

→ Antrag Grüne: E-Mobilität_29_V16

→ Antrag Bürgerbündnis (BB/“GroKo“): BB 19 01 18 Förderung der E-Mobilität in Witten

Nach Debatte – die grüne Rednerin warf der GroKo vor, sich mit ihrem spät eingereichten Antrag die „grüne Kappe“ aufsetzen zu wollen – und Auszeit zur Beratung endete das Abstimmungsverfahren mit einem Kompromiss, über den die WAZ berichtete:

→ Artikel WAZ: Der Elektro-Motor stottert in Witten noch

→ hier der Beschluss: ASU 25.1

Der WAZ-Artikel zeigt lobenswerterweise, wie die aktuelle Realität der Elektromobilität in Witten aussieht: Ernüchternd, was die Quantität und den damit Beitrag zum Klimaschutz anbetrifft. Gemessen an dieser Realität handelt es sich bei bei genauerem Hinsehen bei beiden Anträgen um Klimaschutz-Peanuts.

Wie weit Witten von einem ernstzunehmenden Beitrag zum Klimaschutz über Elekromobilität entfernt ist, zeigen folgende Zahlen:

Die Shell-Studie aus 2004* nimmt in einer vorsichtigen Prognose einen Anstieg der Pkw von 44,7 Mio. auf 49 Mio. PKWs in 2030 an. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit visiert 2017 für 2030 12% Elektrofahrzeuge an**. Das würde ca. 6 Mio. entsprechen. Der vom Kraftfahrtbundesamt für 2017 festgestellte Pkw-Bestand*** beläuft sich auf 45,8 Mio. PKW. Eine Steigerung auf 49 Mio. bis 2030 würde einer Steigerung um ca. 3 Mio., also einer Steigerung von ca. 6,5% entsprechen.

Der Pkw-Bestand in Witten liegt laut WAZ bei 53.133 Pkw. Eine Steigerung um 6,5% würde auf einen Bestand in 2030 von 56.586 Pkws hinauslaufen. Davon 12% Elektrofahrzeuge wären 6.840 Pkws. Der Ist-Stand an Elektro-Pkws in Witten beläuft sich laut WAZ auf 249 (echte Elektro, 50 Hybride und 147 andere Hybride).

Also Abstand zum Soll 2030 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (in 12 Jahren!): 6.591!

Ein wahrhaft „großer Sprung“, der da anvisiert ist – auch bzgl. des Aufwands an kommunaler Infrastruktur (Versorgung, Entsorgung), der umgesetzt werden müsste, um solch einen Anstieg in unserer Stadt zu bewältigen. Davon ist Witten mit den laufenden Bemühungen (einige Ladestationen, Elektrofahrzeuge und eine minimale Zahl an Elektroautos und Pedelecs mehr) offensichtlich weit entfernt – und bleibt es auch mit der „grünen Kappe“ des Kompromisses.

Denn der „große Sprung“ ist abhängig von Faktoren, die kommunal nicht beeinflusst werden können:

– vom Preis der Fahrzeuge

– vom Käuferverhalten

– von der Entwicklung der Technik (Batterien)

– und vom Ausbau der bundesweiten Infrastruktur (Versorgung, Entsorgung: Batterien)

Deshalb möchte ich last not least bescheiden daran erinnern, dass es auch andere Mobilitätsbeiträge zur Reduktion klimaschädlicher Mobilität gibt: Vermeidung überflüssiger Autofahrten, das Fahrrad, natürlich den ÖPNV und die Bahn.

Ich habe als Ausschussmitglied dem Kompromiss zugestimmt. Es ist ja nicht falsch, in bescheidenem Ausmaß die Elektromobilität zu unterstützen. Der Kompromiss ist nur für das Erreichen der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit anvisierten Elektromobilität und des Klimaschutzziels 2030 absolut unzureichend. Schau’n wir mal, was das Konzept bringt.

*Shell-Studie 2004: Shell-Studie Mehr Pkw, weniger Emissionen bis 2030

**Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Kurzinformationen Elektromobiliät

***Kraftfahrtbundesamt: Kraftfahrt-Bundesamt-Bestand