Sackgasse?

In dem WAZ-Artikel vom 27.6.17 „Zirkusreiter sind in der Sackgasse“ schreibt der WAZ-Redakteur Herr Vaupel: „Die Kölner Kunstexpertin Dr. Katja Terlau kam in ihrem Gutachten, das sie im Februar 2016 dem Verwaltungsrat des Kulkturforums vorstellte, zu dem Schluss, dass das Bild Flechtheim in der Nazizeit nicht entzogen worden sei.“

So ist das nicht richtig. Generell: Wenn ich einen zweifelhaften Besitzanspruch erhebe, muss ich ihn gewöhnlich belegen. So auch die Erben Flechtheims und ihr Anwalt Markus Stötzel. Frau Dr. Terlau ist nicht zu dem Schluss gekommen, dass das Bild in der Nazizeit Flechtheim nicht entzogen worden sei, sondern dass sich dieser Entzug und damit der Besitzanspruch nicht zweifelsfrei belegen lasse* (siehe zu dieser Angelegenheit auch mein Beitrag: „Zirkusreiter-Bild: Gutachten wirklich absolut wertlos?“/2.3.16).

An dieser Sachlage dürfte auch ein zweites, drittes etc. Gutachten nichts ändern. Also: Entweder Herr Stötzel legt zweifelsfreie Belege vor, oder mensch sollte die Angelegenheit endlich auf sich beruhen lassen. Das gilt auch für die Linke. Um seine korrekte antfaschistische Gesinnung zum Ausdruck zu bringen, gibt es sicherlich geeignetere Anlässe.

*Hier das Fazit des Gutachtens von Frau Dr. Terlau aus 2016:

Fazit:
Die durchgeführten Provenienzforschungen haben Folgendes ergeben:
– Das Gemälde „Zirkusreiter“ von Max Pechstein könnte in den Jahren von 1917 bis 1922
entstanden sein. Eine Entstehung von um 1920 bis 1921/1922 ist sehr wahrscheinlich.
– Max Pechstein hat vermutlich die „Zirkusreiter(in)“ als eines von insgesamt acht Bildern
verschiedener Künstler als Wanddekoration für ein Zirkus-Fest der Berliner Sezession 1922
angefertigt. Damit handelte es sich um eine zweckgebundene Auftragsarbeit.
– Es gibt keinen Hinweis oder Beleg dafür, dass der jüdische Kunsthändler Alfred Flechtheim das
Gemälde „Zirkusreiter“ überhaupt jemals besessen hat. Vielleicht hat er das Gemälde auch nur
in Kommission gehabt.
– Es liegt kein Hinweis oder Beleg dafür vor, dass der jüdische Kunsthändler Alfred Flechtheim das
Gemälde „Zirkusreiter“ in der NS-Zeit nach 1933 besessen hat.
– Es ist nicht gesichert, ob die beiden Aufkleber der Galerie Flechtheim auf dem Keilrahmen
bereits ursprünglich aufgebracht und für dieses Gemälde bestimmt waren.
– Die auf den Etiketten der Galerie Flechtheim notierten Nummern ließen sich bislang in keinen
Unterlagen der Galerie nachweisen und somit auch nicht eindeutig diesem Gemälde zuordnen.
– Der hellere rückseitige Aufkleber mit den Initialen von Alfred Flechtheim stammt ggf. bereits aus
der Zeit vor der Entstehung des Werkes. Der rote Aufkleber müsste spätestens im Jahr 1921
aufgebracht worden sein.
– Es kann bislang nicht ausgeschlossen werden, dass das Gemälde „Zirkusreiter“ von Max
Pechstein ab den 1920er Jahren in bislang unbekannten jüdischen Privatbesitz gelangte und
dann später NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde.
– Der rückseitige Aufkleber der Galerie Nierendorf, Berlin, und der Eintrag im Lagerbuch belegen,
dass es in der Zeit von ca. April 1935 bis Juli 1936 dort verzeichnet wurde.
– Unklar ist, wer das Werk in die Galerie Nierendorf eingeliefert hat und auch ein Käufer ist nicht
bekannt. Möglicherweise war das Gemälde hier nur in Kommission und blieb unverkauft.
– In den 1920er und 1930er Jahren besteht weiterhin eine Provenienzlücke von mindestens ca. 15
bis 17 Jahren.
– Der Kunstsammler Dr. Hanns Hülsberg (1897 – 1976), der das Werk 1956 an das Märkische
Museum verkauft hat, könnte es bereits in den 1920er Jahren erworben haben zwischenzeitlich
bei der Galerie Nierendorf eingeliefert haben.