BM-Wahl 13.9.2015 – Kompetenzen der hauptamtlichen Bürgermeisterin/des hauptamtlichen Bürgermeisters

Am 13.9.15 kann in Witten die hauptamtliche Bürgermeisterin/der hauptamtliche Bürgermeister (in der Folge abgekürzt: BM) direkt von allen wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern gewählt werden. Warum „kann“? Weil die Ergebnisse der zurückliegenden Wahlen zeigen, dass ein wachsender Teil der Wahlberechtigten sein Wahlrecht leider nicht nutzt.

Wer wird da eigentlich gewählt? Eine Wahlmonarchin/ein Wahlmonarch, eine Präsidentin/einen Präsidenten, oder – eingeschränkt – eine Art kommunale Bundeskanzlerin/kommunaler Bundeskanzler mit Richtlinienkompetenz?

Weit gefehlt. Entgegen der Vorstellung, die viele Bürgerinnen und Bürger bezüglich der Rolle und der Gestaltungsmacht der/des BM haben, sind deren/dessen Kompetenzen in der auch für diese Funktion verbindlichen Gemeindeordnung NRW (GO NRW) genau fest gelegt.

→ Kompetenzen der/des BM nach GO NRW: GO NRW Aufgaben und Stellung des Bürgermeisters

Ich zitiere weiter aus meinem Beitrag „Schwebt unsere Bürgermeisterin über den Wassern?“/Mai 2013:

„Die Verwaltung ist aus meiner Sicht immer noch eine Verwaltung der Bürger und – vermittelt (repräsentative Demokratie) – des Rates. Wie heißt es doch in der GO § 62/2: ‚Der Bürgermeister bereitet die Beschlüsse des Rates, … und der Ausschüsse vor. Er führt diese Beschlüsse und Entscheidungen nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 sowie Weisungen, die im Rahmen des § 3 Abs. 2 und des § 132 ergehen, unter der Kontrolle des Rates und der Verantwortung ihm gegenüber durch. ….‘. Und vorher in § 41/1: ‚Der Rat der Gemeinde ist für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.’“

Was sind also die wichtigsten – formalen – Kompetenzen der/des BM?

– Sie/er bereitet die Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse vor.
– Sie/er hat die Personal- und Organisationshoheit.
– Sie/er hat im Rahmen ihres/seines Dezernatzuschnitts die Kompetenzen eines Dezernenten.
– Sie/er hat im Rahmen des Verwaltungsvorstands (Gremium der Dezernenten) ein Vetorecht.
– Sie/er vertritt die Gemeinde nach außen.
– Sie er hat den Vorsitz im Rat und dort Stimmrecht.

Darüber hinaus repräsentiert sie/er die Stadt wie die/der frühere ehrenamtliche BM, und sie kann natürlich politische Impulse in die Politik geben.

So weit, und mehr nicht. Daraus folgt in der Praxis vor allem:

– dass eine/ein BM – auch wenn direkt gewählt – ohne Ratsmehrheit quasi machtlos (eine „lame duck“) und

– dass ein Dauerkonflikt zwischen Ratsmehrheit und BM – wie aktuell in Witten – schädlich für die Stadt ist.

Das sollte bei den anstehenden Wahlen berücksichtigt werden. Wer meint, eine/einen BM als Gegeninstanz gegen eine Ratsmehrheit nutzen zu können, liegt falsch. Eine/ein BM kann bestenfalls ein Gegengewicht durch politische Impulse sein – aber auch dann hat sie/er sich mit einer Ratsmehrheit ins Benehmen zu setzen.

So funktioniert nun einmal – ob mensch nun mit der „GroKo“ oder den „GroKo-Fürsten“ politisch einverstanden ist oder nicht, und aus meiner Sicht glücklicherweise – kommunale Demokratie. Eine Art „kommunales Präsidialsystem“ dürfte angesichts der eh schon gegebenen latenten Dominanz der Verwaltung kaum zu einer Verbesserung der Qualität der demokratischen Entscheidungsfindung führen.

Wie heißt es doch im oben genannten Beitrag:

„Zugegeben: Ein schwacher Rat wie in Witten, der nur selten seine Initiativ- und Steuerungsfunktion wahrnimmt, hinterlässt ein politisches Vakuum. Das berechtigt eine Bürgermeisterin allerdings nicht, sich als volksunmittelbare, über den Parteien schwebende Moderatorin und Quasi-Monarchin zu inszenieren. Überhaupt ist nicht die Fixierung auf eine „starke“ Einzelperson – ob männlich oder weiblich – geeignet, das politische Vakuum zu füllen.
Das geht nur über die Stärkung des Rates und damit der (repräsentativen) Demokratie durch die Wahl von Ratsmitgliedern, die ihre Kontroll- und Initiativpflicht gegenüber der Verwaltung und Verwaltungsspitze ernst nehmen (siehe dazu mein Beitrag „Nach uns die Sintflut – Wie die Spitze der Wittener Stadtverwaltung tickt“/April 2013).
In dieser Hinsicht tragen auch die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger Verantwortung für die Beseitigung örtlicher Missstände. Nicht Politikverdrossenheit und Politikabstinenz, sondern kluges Wählen und womöglich politisches Engagement wären eine sinnvolle Reaktion auf die Wahrnehmung von Defiziten.“