Wittener Piraten: Bitte nachdenken, bevor mensch vorprescht!

Die Wittener Piraten haben einen Antrag gestellt, die Stadtverwaltung möge alle Anfragen und Antworten in ihr System einpflegen, archivieren und öffentlich zugänglich machen.

Antrag Piraten Anfragen

Dazu zwei Bemerkungen:

Manche Fraktionen – vor allem kleine und unerfahrene – meinen, ihr politisches Profil über eine besonders hohe Zahl von Anfragen verbessern zu können. Aber auch bei Anfragen gilt: Qualität geht vor Quantität. Nicht jede Anfrage beweist Sachverstand, und manches, was umständlich über den Weg der Anfrage (und der Beanspruchung von Zeitkontingenten der Verwaltung) geklärt werden soll, ließe sich wahrscheinlich auch über den kurzen Dienstweg durch Telefonate oder den persönlichen Kontakt mit der Verwaltung klären. Papier, wie mensch weiß, ist geduldig, und die Quantität der Anfragen ist kein Indiz für gute Politik.

Das belegt deutlich folgende Nachricht aus Dortmund:

Dortmund reagiert empört auf Anfragen-Flut rechter Parteien/WAZ 19.2.15
Dortmund.
Dortmunds Oberbürgermeister Sierau geißelt „politische Brandstifter“ im Rat. Mit ihren Anfragen missbrauchten sie das Fragerecht für politische Hetze.
Die rechtsextremen Parteien im Dortmunder Stadtrat haben die Stadtverwaltung mit einer Flut teils abstruser Anfragen bombardiert. Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) reagierte am Donnerstag empört auf das Paket aus über 100 Anfragen, die Vertreter der Parteien „Die Rechte“ und NPD an die Verwaltung adressiert hatten.
„Mit diesen gezielten Provokationen missbrauchen sie das gesetzlich verbriefte Fragerecht des Rates und seiner Mitglieder für ihre bekannte politische Hetze“, wetterte Sierau. Den Rechtsextremen gehe es ausschließlich darum, Bevölkerungsgruppen zu diskriminieren und ein Klima der Angst und der Einschüchterung in Dortmund zu erzeugen. Dieses „durchschaubare und verwerfliche politische Spiel“ mache die Stadtverwaltung nicht mit.
Verwaltung muss antworten
Nach der NRW-Gemeindeordnung ist Sierau freilich gezwungen, die Anfragen aller Ratsmitglieder zu beantworten, wenn dies ohne besonderen Aufwand möglich ist. Die Antworten legte die Verwaltung gestern zur Ratssitzung vor.
Bei einem Großteil der Fragen habe man durch Form und Inhalt der Antworten das politische Brandstiftertum der gestellten Anfragen verdeutlicht, so Sierau. Bei komplett sinnentleerten Anfragen der Rechtsextremisten sei auf die Nichtzuständigkeit des Rates verwiesen worden.
Ende letzten Jahres hatten die Rechtsextremen Auskunft über die Zahl in Dortmund lebender Juden verlangt und damit bundesweit für Empörung gesorgt. Eine Antwort verweigerte die Stadt damals.

Michael Kohlstadt“

Im Wittener Rat sitzen zwei gewählte Ratsmitglieder der rechtsextremen Partei Pro NRW. Die haben sich – aus welchen Gründen auch immer – noch nicht zu einer (Mini-)Fraktion zusammengeschlossen und haben daher eingeschränkte Rechte. Wenn sie aber Fraktionsstatus hätten, könnte es in Witten schnell eine ähnliche Entwicklung wie in Dortmund geben, weil dann der Antragsflut von Seiten Pro NRW rechtlich nichts mehr im Wege stehen würde (die rechte Szene ist schließlich gut vernetzt).

Und der ganze Mist dann eingepflegt, archiviert und öffentlich zugänglich? Ob das von den Piraten so gewollt ist, wage ich zu bezweifeln. Mein Rat an die Wittener Piraten: Manchmal über die Konsequenzen des eignen Tuns nachdenken, bevor mensch vorprescht.